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HEINZ Magazin Wuppertal 11-2016

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HEINZ Magazin November 2016, Ausgabe für Wuppertal, Solingen, Remscheid

Giganten der Moderne

Giganten der Moderne Zwei Ausnahmekünstler in Wuppertal Ob gemalte Ballettratten oder in Bronze gegossene Denker – die Werke von Degas und Rodin gehören zu den Ikonen der modernen Kunst, die es längst in die Einrichtungen von Mädchenzimmern und Hotels geschafft haben. Im Von der Heydt-Museum in Wuppertal lässt sich nun eine neue Dimension zum Altbekannten entdecken: Auch Degas hat wie Rodin als Bildhauer der Moderne den Weg bereitet! A uf 2017 fällt der 100. Todestag sowohl von Degas als auch von Rodin. Beide lebten zur selben Zeit in Paris und es ist verbürgt, dass sie sich auch persönlich gekannt haben. Hilaire Germain Edgar Degas wurde am 19. Juli 1834 geboren und François Auguste René Rodin am 12. November 1840. Ihre Künstlerkarrieren unterschieden sich allerdings. Während Degas die Unterstützung seiner gutbürgerlichen Familie hatte und im Gegensatz zu Rodin an der Académie des Beaux- Arts aufgenommen wurde, kam Rodin aus einfachen Verhältnissen und hat sich mit Bauplastiken das Geld für seinen Start als Künstler verdienen müssen. Er benutzte zudem deutlich effektivere Strategien der Selbstvermarktung als Degas. So veranstaltete Rodin um 1900 parallel 56 | HEINZ | 11.2016

« Edgar Degas: Sitzender Rückenakt beim Kämmen, um 1897, © 2016 Kunsthaus Zürich (links oben) Edgar Degas: Drei Tänzerinnen (blaue Röcke, rote Mieder), um 1903, Foto: Peter Schibli, Basel (links unten) Auguste Rodin: Schreitender Mann, 1900, Foto: Medienzentrum/Antje Zeis-Loi (rechts unten) RUNE SPECK zur Weltausstellung in Paris seine eigene Retrospektive. Mittels Werbung in eigener Sache durch Fotos und Plakate war Rodin auch als Person weltbekannt. Degas dagegen war zurückhaltender und verkraftete auch Kritik viel schlechter als sein Kollege. Nach dem Angriff der Kunstkritik auf seine Figur „Petite danseuse de quatorze ans“ stellte er seine plastischen Werke nie mehr öffentlich aus. Erst nach seinem Tod wurden die Wachs- und Tonfiguren aus seiner Werkstatt gegossen. Anders Rodin. Als seine Plastik „Das eherne Zeitalter“, bei dem er wie Degas bei der jungen Tänzerin ein Modell aus der Unterschicht benutzte, gleichfalls die Kritik ereilte, er hätte seine Plastik nur abgeformt, setzte er sich erfolgreich zur Wehr. Ein Ehrengericht des Künstlerverbandes klärte den Vorwurf und der französische Staat kaufte das Werk sogar an. So kam es, dass Degas fortan als Maler und Rodin als Bildhauer berühmt wurde. In der Wuppertaler Ausstellung lässt sich nun aber nachvollziehen, wie ähnlich beide Künstler die impressionistische Plastik entwickelt haben – der eine schon zu Lebzeiten erfolgreich, der andere im Geheimen. Beide waren keine Bildhauer, die Material abtragen, sondern sie schufen Plastiken, indem sie Tonkügelchen um ein Drahtgerüst zu einer Figur aufbauten. Sie strebten keine glatte Oberfläche mehr an, sondern im Gegenteil vermieden sie absichtsvoll. Die dadurch entstehende raue Kontur war viel lebendiger als die statische Glätte der klassizistischen Vorgänger. Licht auf den Höhen und Schatten in den Vertiefungen lassen die Figuren natürlicher aussehen. Was die impressionistische Malerei mit groben Pinselstrichen entwickelte, schufen die Bildhauer mit unebenen, uneinheitlichen Oberflächen. Auch bei den Motiven verließen sowohl Degas als auch Rodin repräsentative Themen. Wie Degas die Tochter einer Wäscherin in ihrer individuellen Persönlichkeit interessanter fand als ebenmäßige Schönheit, so zeigte Rodin seine Hinwendung zu sozialen Fragen, wenn er einen Pferdeknecht zur „Die Maske des Mannes mit der zerbrochenen Nase“ modellierte. Pferde und Tänzerinnen und Bewegung faszinierten beide Künstler. Sie kannten die Fotografien von Eadweard Muybridge, dessen Serienaufnahmen damals eine Sensation waren. Was heute jede digitale Kamera kann, musste er aufwendig mit mehreren hintereinander geschalteten Kameras bewerkstelligen. So waren Pferde in ihren Gangarten zum ersten Mal genau zu studieren, und auch menschliche Bewegungsabläufe hielt Muybridge fest. Diese Aufnahmen beeinflussten Degas’ wie Rodins Arbeit ganz unmittelbar. In Wuppertal sind nicht nur diese Serien zu sehen, sondern auch viele der Fotografien, die Rodin machen ließ oder sammelte. Degas dagegen fotografierte selbst. Seine inszenierten Szenen sind witzige und aufschlussreiche Zeitzeugnisse. Beide Künstler läuteten die Moderne ein, indem sie den künstlerischen Prozess sichtbar machten. Rodin verwendete Teile seiner Figuren, um daraus neue entstehen zu lassen und Degas übermalt schon mal ein Bild oder setzt Papierstreifen an und macht aus drei Tänzerinnen zwei. Museumsleiter Gerhard Finckh, nicht nur bekannt durch umfassende Inszenierungen des Impressionismus, freut sich: Degas und Rodin gegenüberzustellen – das hat noch keiner gemacht. Mit Geldern aus der Dr. Werner Jackstädt-Stiftung und dank des Umstands, dass das Museum selbst eine wertvolle Sammlung hat, Museumsleiter Dr. Gerhard Finckh in der auch Degas und Rodin vertreten sind, schafft er etwas, was in Zeiten leerer Stadtkassen einer Sensation gleichkommt: eine bedeutende Schau von über 200 Werken zweier Ausnahmekünstler inklusive neuem eigenständigem kunsthistorischem Erkenntnisgewinn. hms ❚ DEGAS & RODIN Von der Heydt-Museum, Turmhof 8, Wuppertal; Dauer: bis 26.2.2017, Di-So 11-18 Uhr, Do 11-20 Uhr, Mo geschlossen; www.vdh.netgate1.net 19. NOVEMBER 2016 BIS 23. APRIL 2017 PLAYMO I ( B L Spielgeschichte(n) ( ) Sammlung Oliver Schaffer 193 KünstlerInnen und Galerien der freien Kunstszene Wuppertals Wuppertaler offene Galerien und Ateliers KULTURBÜRO neanderthal.de samstags 14 – 20 Uhr sonntags 12 – 18 Uhr 29. + 30. Oktober 2016: Wuppertal-Ost 05. November + 06. November 2016: Wuppertal-West / www.WOGAwuppertal.de

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