Aufrufe
vor 6 Jahren

HEINZ MAGAZIN WUPPERTAL 03-2017

  • Text
  • Dortmund
  • Bochum
  • Wuppertal
  • Eintritt
  • Raum
  • Frei
  • Duisburg
  • Oberhausen
  • Bergisches
  • Zeche
HEINZ Magazin März 2017, Ausgabe für Wuppertal, Solingen, Remscheid

KINO ÜBERSICHT

KINO ÜBERSICHT HEINZ-AUTOR 2017 CONCORDE FILMVERLEIH GMBH, KERRY BROWN MÄRTYRER-MISSION Silence ■ 50 Jahre nach seinem Kino-Debüt will es Martin Scorsese noch einmal wissen; fast die Hälfte dieser Zeit hat er mit dem Projekt geliebäugelt: die Verfilmung des Romans „Chinmoku“ von Shusaku Endo. Obwohl bereits 1971 verfilmt, wollte Scorsese der Leidensgeschichte von zwei Jesuiten-Missionaren im Japan des 17. Jhs. einen epischen Rahmen geben. An den US-Kinokassen floppte die Produktion allerdings. 1638 werden die portugiesischen Priester Sebastião Rodrigues und Francisco Garrpe nach Japan geschickt, um den christlichen Glauben zu verbreiten und nach dem Schicksal des Missionars Cristovao Ferreira zu forschen. Vor Ort müssen sie feststellen, dass die Regierung nach einem Aufstand die Christen brutal verfolgt und grausam hinrichten lässt. Auch die beiden Priester geraten in Gefangenschaft und stehen vor der Alternative „Glauben oder Leben”. pk ❚ (SILENCE) USA/I/MX/JP 2016, 195 Min., Regie: Martin Scorsese, mit: Liam Neeson, Andrew Garfield, Adam Driver, Tadanobu Asano; Start: 2.3. WELTSTAR WUNDERLICH Tour de France ■ Gérard Dépardieu, vor allem auch mittlerweile körperlich, ist ein Schwergewicht des französischen Kinos. Aber die ganz großen Filme werden zunehmend von mehr oder weniger belanglosen Filmchen wie „Eine ganz ruhige Kugel“ oder eher bizarren Darstellungen wie in „Mammuth“ überlagert. Mit „Tour de France“ zeigt er nun den Griesgram, der seine Vorurteile überwinden lernt. Eines Tages steht der Rapper Far’ Hook vor seiner Tür, er ist nach einer Schießerei auf der Flucht und wendet sich an Serge, den Vater seines Produzenten. Notgedrungen gehen beide auf Tour, denn der gelernte Maurer Serge hat seiner Frau auf dem Totenbett versprochen, den Spuren des Landschaftsmalers Vernet mit dem Pinsel zu folgen. Die „Tour de France“ bietet das gesellschaftliche Landschaftsporträt einer Nation zwischen Maghreb-Einwanderern und LePen-Nationalisten. pk ❚ (TOUR DE FRANCE) F 2016, 95 Min., Regie u. Buch: Rachid Djaidani, mit: Gérard Depardieu, Sadek, Mabo Kouyaté, Nicolas Marétheu; Start: 2.3. ARSENAL FILMVERLEIH PHILIPP KOEP Sprießende Knospen und Pollenallergie Frühlingsgefühle bringen ja nicht nur Angenehmes mit sich. Der Frühling des Lebens bietet im März jedenfalls jede Menge Ungemach auf der Leinwand. Der rebellische „junge Karl Marx“ nimmt es in dem Biopic von Raoul Peck gleich mit der ganzen Bourgeoisie auf (siehe Story, Start: 2.3.), aber mit Mitte 20 ist der revolutionäre Philosoph schon geradezu im gesetzten Alter. „Mit 17“ (Start: 16.3.) setzt André Techiné sein Coming (Out) of Age-Drama an, eine schwule Initiation hat auch der heiße Oscar-Kandidat „Moonlight“ (9.3.) im Visier. Ärger mit der Jugend gibt es ebenfalls in „Tour de France“ (2.3.), ein Maghreb- Rapper und ein LePen-Fan auf Franken-Fahrt. Zwei französische Mädels in den Fängen des IS stehen im Mittelpunkt des ungemein spannenden Dramas „Der Himmel wird warten“ (23.3.) – eine höchst brisante Initiation. Und auch der „Hundertjährige“ entwickelt wieder Frühlingsgefühle: Als „Hunderteinjähriger“ (16.3.) lässt der skandinavische Forrest Gump wieder den Kalten Krieg höchst explosiv auferstehen. Philipp Koep A24/DCM HADER HADERT MAL WIEDER Wilde Maus NEUE UNNACHAHMLICHE MISSION Der Hunderteinjährige... ■ Er ist wieder da: Allan Karlsson, den alle als den „Hundertjährigen“ kennen und lieben. Ein Jahr älter, aber immer noch putzmunter. Das Drehbuch knüpft nahtlos an die aberwitzige Geschichte von Jonas Jonassons Erfolgsroman an „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“. Regie führt wieder Felix Herngren, dieses Mal gemeinsam mit seinem Bruder Måns Herngren. Und auch Hauptdarsteller Robert Gustafsson ist ■ Der österreichische Kabarettist Josef Hader, auch bekannt als Kino-Kommissar Brenner, bleibt bei seinem Regie-Debüt der Figur des grantelnden Ego-Krisenmissmanagements treu. Doch die Nummernrevue des melancholischen Loser-Daseins gewinnt zunehmend dramatische Züge lächerlicher Tragik. Georg (Hader) ist eine Instanz im Wiener Musikleben, glaubt er jedenfalls. Doch dann ist Schluss mit der feuilletonistischen Deutungshoheit im kriselnden Zeitungswesen: Man verzichtet auf seine Dienste. So treibt er sich im Prater herum, investiert in die Achterbahn „Wilde Maus“, trinkt mehr und mehr Bier, zerkratzt dem Chef den Porsche. Doch Befriedigung stellt sich ebenso wenig ein wie bei seiner Frau Johanna, die sich sehnlichst ein Kind wünscht. Haders Mittelklassen-Tragödie verzichtet auf aufdringliche „Relevanz“, bleibt aber oft in Loser-Posen stecken. pk ❚ WILDE MAUS A/D 2017, 103 Min., Regie u. Buch: Josef Hader, mit: Josef Hader, Pia Hierzegger, Jörg Hartmann, Georg Friedrich, Nora von Waldstätten; Start: 9.3. 2017 CONCORDE FILMVERLEIH GMBH/NICE FLX SCHWARZE STATUR? Moonlight ■ Nach dem Skandal um mangelnde schwarze Oscar-Kandidaten in 2016 dürfte Barry Jenkins mit seinem Film diesmal im Alleingang für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen – auch völlig ohne „political correctness“. Die Adaptation des Theaterstückes „In Moonlight Black Boys Look Blue“ erzählt drei Phasen aus dem Leben eines schwulen Jugendlichen, die hier zur facettenreichen Metamorphose in der Macho-Welt des schwarzen Ghettos werden. Chiron, genannt „Little“, wächst bei seiner Crack-süchtigen, lieblosen Mutter in Miami auf. Er ist das geborene Opfer in dieser rauen Welt. Als ihn der Drogendealer Juan unter die Fittiche nimmt, gewinnt er Selbstbewusstsein. Als Teenager leidet er an seiner unterdrückten Homosexualität und dem Mobbing an der Schule. Als „Black“ baut er sich ein neues Leben auf – als tougher Gangsta-Typ. Doch dann begegnet er seinem Jugendfreund Kevin. pk ❚ (MOONLIGHT) USA 2016, 111 Min., Regie: Barry Jenkins, mit: Alex R. Hibbert, Trevante Rhodes, Ashton Sanders, Naomie Harris, Janelle Monáe; Start: 9.3. als kauziger alter Mann mit Vorliebe für Bomben und Explosionen mit dabei. Dieses Mal wird es Karlsson im balinesischen Luxus-Exil zu langweilig, und das Budget schmilzt ebenso dahin wie die Vorräte an der legendären Sowjet-Brause „Volkssoda“. Und schon kommen die Erinnerungen an den aberwitzigen Kalten Krieg um die Limonadenvormacht zwischen Breschnew und Nixon. ❚ DER HUNDERTEINJÄHRIGE, DER DIE RECHNUNG NICHT BEZAHLTE UND VERSCHWAND S 2016, 108 Min., Regie: Felix Herngren, mit: Robert Gustafsson, Iwar Wiklander, Shima Niavarni; Start: 16.3. IOAN GAVRI, MAJESTIC 50 | HEINZ | 03.2017

HENDRIK HEIDEN LUC ROUX MÄRTYRER-MASCHE Der Himmel wird warten ■ Was treibt junge Frauen in die Arme des IS? Der französischen Filmemacherin Marie- Castille Mention-Schaar ist es gelungen, auf diese Frage eine auch dramaturgisch überzeugende Antwort zu geben. Frühmorgens steht das Spezialkommando der Polizei vor der Tür, für Catherine und Samia bricht eine Welt zusammen: ihre 17-jährige Tochter Sonia hat mit anderen Islamisten einen Terroranschlag in Frankreich geplant. Sylvie und ihre SIE SCHLUGEN UND SIE KÜSSTEN SICH Mit siebzehn Mutter Melanie haben ein sehr enges Verhältnis, doch dann tritt über ein Chat-Forum ein islamistischer „Lover Boy“ in ihr Leben und rekrutiert sie für den Dschihad in Syrien. Am Ende der „Affäre“ stehen Tod, Verzweiflung und Schmerz. Das Drama behält gleichermaßen die Perspektiven der pubertierenden Mädchen, der überforderten Eltern und die analytischen Erklärungsmuster von Experten im Blick, ohne belehrend zu wirken. pk ❚ DER HIMMEL WIRD WARTEN F 2015, 105 Min., Regie u. Buch: Marie-Castille Mention-Schaar, mit: Noémie Merlant, Naomi Amarger, Sandrine Bonnaire; Start: 23.3. SPRUNGSCHANZE INS ABSURDE Der Hund begraben ■ Des Pudels Kern ist leider eine TV-Produktion, die den Cineasten nicht hinter dem Ofen hervorlocken kann. Entfernt erinnert die schwarze Komödie an Hitchcock-Klassiker wie „Der Fremde im Zug“ und „Immer Ärger mit Harry“. Hans hat ganz für seinen Job gelebt, hofft gar auf die Beförderung und wird stattdessen „freigestellt“. Doch zu Hause interessiert sich niemand für die Hiobsbotschaft, Tochter und Gattin Yvonne sind zu sehr ■ Wie in „Wilde Herzen“ widmet sich Altmeister André Téchiné der dezenten Mischung aus Coming Out und Coming of Age. Dabei steht jedoch nicht die Sexualität im Vordergrund, sondern die Irritationen eines jungen Menschen an der Schwelle zum Erwachsenensein. Damien und Thomas – beide 17 – sind Außenseiter in ihrer Klasse, ansonsten verbindet sie nur eine tiefe Abneigung, die sich immer wieder in gewalttätigen Ausbrüchen zeigt. Während Thomas die Einsamkeit des Berghofes seiner Adoptiveltern liebt, lebt Damien mit seiner Mutter Marianne in der Stadt. Dann geraten die Dinge in Bewegung. Thomas’ Mutter ist schwanger und muss ins Krankenhaus, Marianne schlägt vor, dass Thomas zu ihr und Damian zieht. Als Thomas seinen neugeborenen Stiefbruder in die Arme schließt, erfährt Damian, dass sein Vater in Afghanistan gefallen ist. pk ❚ MIT 17 (Quand on a 17 ans) F 2016, 114 Min., Regie: André Téchiné, mit: Sandrine Kiberlain, Kacey Mottet Klein, Corentin Fila, Alexis Loret, Jean Corso; Start: 16.3. mit sich selbst beschäftigt. Da taucht eines nachts ein Hund vor der Tür auf. Hans’ Versuche, ihn loszuwerden führen dazu, dass die Familie ihn nur umso mehr ins Herz schließt. Als Hans das Tier aus Versehen mit dem Auto überfährt, versteckt er das Tier und der Schlamassel beginnt. Die Zufallsbekanntschaft Mike bietet Hans eine Lösung an, er will die Schuld auf sich nehmen. Doch auch dieser Plan entwickelt sich anders als gedacht. pk ❚ DER HUND BEGRABEN D 2017, 86 Min., Regie u. Buch: Sebastian Stern, mit: Justus von Dohnanyi, Juliane Köhler, Georg Friedrich, Walter Hess; Start: 23.3. NEUE VISIONEN FILMVERLEIH 03.2017 | HEINZ | 51

Heinz-Magazine 2019

Heinz-Magazine 2018

Heinz-Magazin 2017

Heinz-Magazin 2016