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HEINZ Magazin Oberhausen 09-2016

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HEINZ Magazin September 2016, Ausgabe für Duisburg, Oberhausen, Mülheim

KINO TIPP DES MONATS

KINO TIPP DES MONATS Filmischer Zweiklang Kleinwüchsig Die beiden Männer haben ein großes Problem: Sie sind klein. Mit solchen kalauernden Bonmots schlagen sich Tom und Alexandre täglich herum, ihre Körpergröße ist der Maßstab gesellschaftlicher Miss- Achtung. Gleich zwei neue Filme greifen das Thema auf. Dabei betrachtet ausgerechnet der deutsche Kinderfilm „Auf Augenhöhe“ das Problem viel ernsthafter als die französische Romkom „Mein ziemlich kleiner Freund“. D ie Füße von Alexandre baumeln in der Luft. Wenn sich der 1,36-Meter-Mann zum Rendezvous mit der attraktiven Blondine Diane an den Restauranttisch setzt, dann braucht das jede Menge Elan. Erstens um die Angst vor einer höhnischen Abfuhr zu überwinden und zweitens um auf den Erwachsenenstuhl zu hüpfen. Tom hängt völlig in der Luft. Als erfährt, dass er seit zehn Jahren Vater ist, überragt ihn das Kind bereits deutlich. So birgt die erste Begegnung zwischen Vater und Sohn einige heikle Überraschungen auf beiden Seiten. Und obwohl der Waisenjunge sonst niemanden hat, steht das Happy Ending unter einem unsicheren Stern, der viel Überwindung kostet. Wenn Jean Dujardin in der Rolle des Alexandre auf den Stuhl hüpft, dann sieht das aus wie „Liebling, ich habe die Eltern geschrumpft“. Der französische Filmstar, der seinen Durchbruch mit „The Artist“ feierte, ist nämlich keineswegs kleinwüchsig. So wurde der Leinwandbeau mit Tricktechnik zurechtgeschrumpft und in überdimensionierte Möbelwelten gesetzt. Doch störend wirkt nicht nur, dass hier ständig der Maßstab wechselt, sondern vor allem, dass diese laxe Bebilderung auch der thematischen Einstellung entspricht. Wie schon in der argentinischen Vorlage „Corazón de León“ (2013) ist das Kleinsein fast eine Kleinigkeit, die obligatorische Komplikation, die auf dem Weg zum Happy Ending überwunden werden will. Regisseur Tirard, der sich niveaumäßig bereits mit „Der kleine Nick“ profiliert hat, will seinem Komödienspaß auch keine ernsten Probleme in den Weg stellen. 52 | HEINZ | 09.2016

TOBIS FILM, KERSTIN STELTER Klein auf der großen Leinwand Zwerge, Gnome und Lilliputaner gibt es heute nur noch in der Märchenwelt. „Kleinwüchsigkeit“ ist der politisch-korrekte Begriff für ein Phänomen, das etwa 100.000 Menschen in Deutschland betrifft. Die Erscheinungsformen und Ursachen sind sehr verschieden, hierzulande wird eine Körpergröße von unter 1,50 m bzw. 1,40 m bei Männern bzw. Frauen als kleinwüchsig bezeichnet. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen proportionierte und dysproportionierter Kleinwüchsigkeit. Während im ersteren Fall die Körperproportionen normal sind, der Mensch nur eben kleiner ist wie im Fall von „Mein ziemlich kleiner Freund“, sind im zweiten Fall häufig die Gliedmaßen stark verkürzt. Neben Mangelerscheinungen sind auch ererbte und erworbene Genmutationen die Ursache. Die häufigste genetisch bedingte Form ist die Achondroplasie, die sich weder auf die Intelligenz noch auf die Lebenserwartung auswirkt. Der Schauspieler Jordan Prentice aus „Auf Augenhöhe“ weist die Merkmale dieser Form der Kleinwüchsigkeit auf. Traditionell haben Kleinwüchsige aus der Not quasi eine Tugend gemacht und traten im Zirkus oder auf Jahrmärkten als „Freaks“ oder Komiker auf. Im Fantasy-Genre konnten Schauspieler wie David Rappaport („Time Bandits“), Warwick Davis („Die Chroniken von Narnia“, „Harry Potter“ und „Star Wars“) und Peter Dinklage („X-Men“ und die TV-Serie „Game of Thrones“) ein beachtliches Oeuvre aufbauen. Als echte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erwies sich 1983 das „Star Wars“-Sequel „Rückkehr der Jedi“: 66 kleinwüchsige Schauspieler wurden für die Ewok-Rollen eingesetzt. Im August starb der britische Schauspieler Kenny Baker, ebenfalls Stammpersonal aus dem Lukas-Imperium: Er steckte sieben Mal in der „Verkleidung“ von R2D2 – er hat lange mit dem Part als sprechender „Staubsauger“ gehadert. Auf George Lucas geht ein weiteres „Zwergen“-Festival mit „Willow“ (1988) zurück. Auch wenn einige Künstler wie der Schauspieler Eric Shawn Lynch als „Eric the Midget“, der Entertainer Henry Joseph Nasiff als „Hank the Angry Drunken Dwarf“ oder die Rockmusikerin und Pornodarstellerin Bridget Powers als „Bridget the Midget“ mit ihrer Rolle offensiv umgehen, zeugt ihr Schicksal oft von den Mühen der Selbstbehauptung in einer „großen“ Gesellschaft: Am Ende ihrer Biografie steht oft der Suizid. www.Nellys-Abenteuer.de /nellysabenteuer AB 8. SEPTEMBER IM KINO 2016 CONCORDE FILMVERLEIH GMBH Da mutet „Auf Augenhöhe“ seinem eher jugendlichen Zielpublikum schon erheblich mehr Realismus zu. Hier sind es nicht ein paar tölpelhafte Bemerkungen und mühsam kaschierte Vorurteile, die an die Nieren gehen. Die Sprüche, die sich Tom von Michi und seinen Heimkindgenossen anhören muss, sind nicht nur gemein, sie sind auch so gemeint – eine Mischung aus Neid und verletztem Selbstwertgefühl. So präsentiert das Drehbuch von Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf auch nur ein verhaltenes Happy Ending. Anders als erwartet erweist sich Tom doch nicht als der biologische Vater von Michi und dennoch wollen die beiden es miteinander versuchen: auf Augenhöhe. Mit dem deutschen Titel spekuliert der Verleih auf den Erfolg der französischen Erfolgskomödie „Ziemlich beste Freunde“. Und in der Tat ist die gefällig-versöhnliche Attitüde ähnlich. Auch diesmal wird die Behinderung mit viel Lifestyle und Luxus „weggelächelt“. Der Mann „auf der Höhe“, so in etwa die Entsprechung des Originaltitels, ist nämlich erfolgreicher Architekt, sieht blendend aus und hat eben nur ein „kleines“ Problem. Dass in seiner Designervilla nicht einmal die eigenen Lebensverhältnisse passen, ist da mehr als bezeichnend für die Oberflächlichkeit der Produktion. philipp koep ❚ AUF AUGENHÖHE, D 2016, 98 Min., Regie u. Buch: Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf, mit: Jordan Prentice, Luis Vorbach, Marco Licht, Mira Bartuschek, Anica Dobra; Start: 15.9. ❚ MEIN ZIEMLICH KLEINER FREUND (Un homme à la hauteur) F 2016, 98 Min., Regie: Laurent Tirard, mit: Jean Dujardin, Virginie Efira, Cédric Kahn, Stéphanie Papanian, César Domboy; Start: 1.9. INK TATTOO CONVENTION Über 250 Tattoo Artists & Aussteller aus aller Welt Internationales Bühnenprogramm 24.-25.9.2016 TICKETS: TATTOOBASH.DE ROCK DAS KONZERT ZUR CONVENTION & more! TURBINENHALLEN PRESENTED BY FACEBOOK.COM/TATTOOBASH

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