BÜHNE TIPP DES MONATS Leuchtende Augen Marathon Weihnachtsmärchen Alle Jahre wieder werden die Spielpläne ab Ende November vom obligatorischen Weihnachtsmärchen dominiert. Ganze Schulklassen pilgern zu den Aufführungen und setzen eine liebgewonnene Tradition fort. Eine vorstellungsreiche Saison, die eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten darstellt. HEINZ blickt hinter die Kulissen und vermittelt interessante Einblicke. „DER FALSCHE PRINZ“ AM KJT DORTMUND MIT BETTINA ZOBEL (MITTE) ALS SULTANIN, © BIRGIT HUPFELD LESEPROBE ZU „KALIF STORCH“ AM THEATER HAGEN MIT KRISTINA GÜNTHER-VIEWEG (VIERTE VON LINKS), © THEATER HAGEN M it bis zu 85 Vorstellungen werden die alljährlichen Weihnachtsmärchen in den Stadttheatern zu einem wahren Marathon für alle Mitwirkenden. Gleichwohl ist der Besuch für viele Kinder ein Highlight des Jahres, oftmals auch das erste Bühnenerlebnis. „Die Kinder haben das Recht darauf, dass jede Vorstellung die gleiche Qualität hat“, sagt der Schauspieler Rainer Kleinespel vom KJT Dortmund, wo in diesem Jahr „Der falsche Prinz“ die Spitzenreiterposition hinsichtlich der Terminfülle einnimmt. Wie motiviert man sich für diese fließbandartige Weihnachtsmärchenzeit? „Das Ganze ist ein ziemlicher Kraftakt, den man sportlich nehmen muss“, meint Kleinespel, was auch die Kollegin Bettina Zobel bestätigt: „Man muss die lange Distanz schaffen und darf auf keinen Fall krank werden.“ Ihre bewährten Mittel sind Immunstärker, Sport, Meditation und guter Schlaf. Floriane Kleinpaß, der im Essener Grillo-Theater als Rabe Jakob Krakel in „Der satanarcholügenialkohöllische Wunschpunsch“ eine lange Aufführungsreihe bevorsteht, zieht ihre Energie aus den zu erwartenden Zuschauern: „Die Kinder werden mich immer wieder motivieren.“ Das junge Publikum ist ein spezielles, darin sind sich alle einig. „Vor Kindern zu spielen ist ja immer etwas Besonderes, da sie sehr unmittelbar auf das, was sie auf der Bühne sehen, reagieren. Ich persönlich liebe es sehr, dass sie so offen und spontan ihre Meinung während der Vorstellung äußern. Das macht es für uns auf der Bühne auch manchmal nicht so leicht, ist aber immer überraschend“, stellt Kristina Günther-Vieweg fest, die im „Kalif Storch“ am Theater Hagen als Zauberer Kaschnur besetzt ist. Bettina Zobel empfindet das Publikum als Geschenk. „Es ist toll, für Kinder zu spielen, vor allem, wenn man erlebt, wie sie ruhig werden und vom Geschehen auf der Bühne absorbiert sind. Der Gesichtsausdruck in der ersten Reihe! Unbewegt, leicht offener Mund und riesige Augen.“ Für 60 | HEINZ | 03.2016
„DER SATANARCHÄOLÜGENIALKOHÖLLISCHE WUNSCHPUNSCH“, FLORIANE KLEINPASS UND ALEXEY EKIMOV, © MARTIN KAUFHOLD Jost Grix, der in verschiedenen Rollen in „Das Sams – Eine Woche voller Samstage“ am Bochumer Schauspielhaus zu sehen ist, bedeutet es eine große Lust, die Kinder bereits durch den geschlossenen Vorhang zu hören, sie während der Vorstellung am Ball zu halten und zur Not „mit erhöhter Konzentration gegen aufkommende Langeweile anzuspielen“. Jost Grix bemerkt eine generell andere Spielhaltung, die offener ist für Improvisationen und weniger mit schauspielerischen Eitelkeiten durchsetzt ist. Auf die Frage nach dem „worst case“ während der laufenden Vorstellungen steht neben Erkrankung das Aufkommen eines hysterischen Lachanfalls aufgrund akuter Überreizung ganz oben. Kristina Günther- Vieweg fürchtet am meisten „einen Unfall auf der Bühne, oder dass plötzlich die Stimme weg ist.“ Schlimm wäre auch, „wenn die Kinder mit dem, was wir auf der Bühne tun, gar nichts anfangen könnten“, ergänzt Floriane Kleinpaß. Haben sich die Kinder im Laufe der Zeit verändert? Nicht wirklich, lautet die einhellige Antwort. „Die Kinder sind vielleicht unruhiger geworden. Geschichten müssen heute schneller erzählt werden. Die Smartphones sind schon ein Problem manchmal. Ansonsten würde ich sagen: Kinder lieben immer noch Geschichten, daran ändert sich nicht viel“, resümiert Bettina Zobel. Jost Grix empfindet die Kids als unbefangener, was er damit erklärt, dass ein Theaterbesuch heutzutage „normaler“ sei. Im Übrigen gebe es ja nicht DIE Kinder, betont Rainer Kleinespel: „Jede Vorstellung ist neu. Abhängig von Alter, Schulform, Herkunft etc.“ Peter Kirschke, Inspizient am KJT Dortmund und verantwortlich für den reibungslosen Ablauf der vielen Vorstellungen, lenkt den Blick auf das begleitende Lehrpersonal, bei dem er immer wieder „nervige, clowneske Einlagen bei dem Versuch, Disziplin herzustellen“ entdeckt. Überhaupt die Erwachsenen – gelangweilte und kaum klatschende Väter am Sonntagnachmittag, zischende Lehrer, hektische und gestresste Eltern werden als größter Nervfaktor benannt. Kristina Günther-Vieweg stellt dazu fest, „dass sich die Ansprüche der Erwachsenen verändert haben. Sie kennen die Märchen, waren auch schon öfter im Theater und haben so gewisse Erwartungen, wie etwas aussehen oder gemacht werden sollte, und manchmal stimmen diese Erwartungen oder Ansprüche nicht mit dem überein, was sie auf der Bühne sehen, was zu Enttäuschungen führen kann. Bei Kindern ist das nicht so, da sie auf eine gewisse Art und Weise noch viel offener und neugieriger sind.“ Viele Anekdoten ranken sich um spontan und laut geäußerte Kommentare der Kinder, die die Spieler überraschen, zu Improvisationen verleiten und einen großen Teil des besonderen Phänomens Weihnachtsmärchen ausmachen. Routine? Wohl kaum. Jede Vorstellung ein neues Abenteuer – sowohl für die kleinen Zuschauer als auch für alle Beteiligten. Kerstin Turley ❚ DER FALSCHE PRINZ (von Andreas Gruhn nach Wilhelm Hauff); KJT Dortmund, Sckellstr. 5-7; Spieldauer: 11.11.2016-15.1.2017 (85 Vorst.); Preise: 11/6 €, Tickets (0231) 5027222; www.theaterdo.de ❚ DER SATANARCHÄOLÜGENIALKOHÖLLISCHE WUNSCHPUNSCH (Michael Ende); Grillo-Theater Essen, II. Hagen 2; Spieldauer: 26.11.’16-31.1.2017 (43 Vorst.); Preise: 6,60 €, (0201) 8122200; schauspiel-essen.de ❚ DAS SAMS. Eine Woche voller Samstage (Paul Maar); Schauspielhaus Bochum, Königsallee 15; Spieldauer: 20.11.2016-31.01.2017 (39 Vorst.); Preise: 12,50/6 €, (0234) 33335555; schauspielhausbochum.de ❚ KALIF STORCH (nach Wilhelm Hauff); Theater Hagen, Elberfelder Str. 65; Spieldauer: 26.11.-25.12.2016 (38 Vorst.); Preise: 13/7 €, Tickets (02331) 2073218; www.theaterhagen.de ❚ RONJA RÄUBERTOCHER (nach Astrid Lindgren); Theater Oberhausen, Will-Quadflieg-Platz 1; Spieldauer: 27.11.-23.3.2017 (65 Vorst.); Preise: 8/5,50 €, Tickets (0208) 8578184; theater-oberhausen.de THEATER IM A CHRISTMAS CAROL NACH CHARLES DICKENS FR 09.12./20 Uhr, SA 10.12./20 Uhr SO 11 .12./18 Uhr, FR 16.12./20 Uhr SA 17.12./20 Uhr, SO 18.12./16 Uhr DO 22.12./19 Uhr, FR 23.12./19 Uhr MO 26.12./17 Uhr Jetzt eintragen: www.designmetropole.ruhr JOST GRIX NEBEN DEM „SAMS“ (ANNE LESSMEISTER) AM SCHAUSPIELHAUS BOCHUM, © DIANA KÜSTER
12 2016 D A S I N F O - M A G A Z I
Big Air Freestyle Festival Samy Del
Jamdown Party mit Eek A Mouse und A
„Excalibur“ als Rockoper auf de
Laden...
Laden...
Laden...