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HEINZ Magazin Dortmund 06-2016

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HEINZ Magazin Juni 2016, Ausgabe für Dortmund

Glamour und Alltag

Glamour und Alltag Reportage- und Modefotografie von 1930-1980 In einem Metier, das bislang vor allem von Männern dominiert wurde, gelang es ihr, eine originäre Position zu etablieren, die sich in einem ganz eigenen Style äußerte. Regina Relang machte nicht nur Werbung für Mode, sie erzählte in ihren Bildern auch Geschichten. Jetzt gibt die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen einen Überblick über das Schaffen der Modefotografin. Sylvia Dakis an einer Baustelle, 1959 (oben links) Jaques Griffe, 1953 (unten links) Modell in Simonetta, Rom-Florenz 1955 (unten rechts) © Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie Archiv Relang 56 | HEINZ | 06.2016

E gal ob Strandkleid oder Skihose, ob Anorak oder Abendkleid, Hut oder Handtasche, die Garderobe, die Regina Relang (1906- 1989) ablichtete, sieht immer irgendwie glamourös aus – und sei es in der Lässigkeit ihrer Präsentation. Das hat nicht zuletzt mit der gekonnten Inszenierung ihrer Modelle zu tun: Frauen, die in allen erdenklichen Situationen und Lebenslagen Mode darbieten, als sei es das Selbstverständlichste überhaupt. Sie laufen z.B. in einem feinen Kleid mit leuchtend weißem Kragen und schmucken Sandaletten über eine Baustelle und setzen sich den erstaunten Blicken der hemdsärmeligen Bauarbeiter aus (Top-Model Sylvia Dakis „auf einer Baustelle”, 1959). Oder sie steigen lächelnd mit zwei Hunden an der Leine aus einem Bus (Gitta Schilling, 1960). Immer wieder bestechen die Bilder durch die gekonnte Paarung von Glamour und Alltag, von Haute Couture und Straße. Schon in den 1930er Jahren entdeckt die Modefotografie Architektur und Stadtraum für sich, kontrastiert und vermittelt Licht, Material und Form der gebauten Umgebung mit Mode und Pose. Daran knüpft auch Regina Relang bei ihrer Arbeit an. Mal dient ihr die Architektur als Kulisse für eine Anekdote, dann wieder, um eine Kollektion in ihrer Besonderheit in Szene zu setzen. Relang entwickelt die narrative Bildsprache, die auch ihre Vorkriegs-Bildreportagen kennzeichnet, für ihre Modebilder weiter und klärt die Beziehung zwischen Mensch, Raum, Zeit und Mode mit vielen Nuancen immer wieder neu. In den Sechzigerund Siebzigerjahren feiert sie ihre größten Erfolge. Da gibt es den stehen gelassenen Pagen mit Regenschirm hinter dem wie ein Filmstar inszenierten Model (Suzy Parker in einem Kleid von Staebe-Seger, Berlin 1954) oder lachende und scherzende Begleiter, die sich etwas erzählen. Es sind Zeitungen und Kaffeehausszenen zu sehen, Zigaretten, die geraucht und Hunde, die ausgeführt, Geheimnisse, die getauscht, Brillen, die hergezeigt werden. Männer tauchen in ihren Modestrecken meist nur als Accessoire auf. Besonders raffiniert sind da allenfalls die männlichen Rückenfiguren, die in manchen Bildern als alter ego des Betrachters fungieren. Es existieren Modeaufnahmen vor spektakulärer Architekturkulisse oder gewöhnliche Straßenecken, an denen ihre Modelle ganz unaufgeregt ihre aufregenden Kleider zeigen. Sie präsentiert ihre Modelle im zerbombten Nachkriegsmünchen (1946) oder in den antiken Ruinen Roms. Und irgendwann in den Sechzigerjahren gibt es auch wieder Studiofotografie. Die gebürtige Stuttgarterin wächst in einer künstlerisch geprägten Umgebung auf, ihre Mutter entwirft selbst Mode, ihr Vater ist Professor an der Kunstgewerbeschule. Ihre eine Schwester ist wie sie Fotografin, die andere Gründerin einer Modeschmuckwerkstatt. Nachdem Regina Relang in Krefeld, Stuttgart und Berlin Kunst studiert hat, zieht es sie nach Paris. Hier gibt sie die Malerei bald auf und widmet sich fortan dem noch jungen Medium Fotografie. In den Anfängen macht sie Reisereportagen, fährt allein durch Europa, interessiert sich auch für die sozialkritischen Aspekte im Leben der Menschen. Sie fotografiert die Lastenträgerinnen im Hafen von Porto (1933) oder die Feiernden bei einer Hochzeit in Mazedonien. Die frühen Modeaufnahmen (um 1936) sind deutlich noch vom Surrealismus beeinflusst, Schuhe oder Handschuhe verselbstständigen sich und tanzen ihr ganz eigenes Ballett. Ein verspielter Moment, bevor die düsteren Wolken ganz Europa verschatten. Die sowohl thematisch als auch chronologisch aufbereitete Schau in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen bietet einen guten Überblick über Leben und Schaffen einer modernen Frau im 20. Jahrhundert. Dass einige dunkle Stellen bleiben, muss nicht verwundern; sie lassen sich mangels Materials nicht sehr viel weiter verfolgen. Was man freilich weiß, ist, dass Mode und Modefotografie im Dritten Reich auch zu Propagandazwecken instrumentalisiert wurden; sie hielten „lediglich den schönen Schein aufrecht”. So ist es fraglos ein Verdienst der Ausstellung und ihrer Kuratorin Gesine Emmerich, dass sie ebendiesen Aspekt im Schaffen der Modefotografin Regina Relang nicht ausblendet. Denn, indem diese in ihrem Metier weiterarbeitet und etwa antisemitische Parolen in ihren Fotostrecke gestattet oder übersieht, ist die Künstlerin selbst als Teil des Systems erkennbar. Katja Behrens ❚ REGINA RELANG. Inszenierte Eleganz Ludwiggalerie Schloss Oberhausen; Konrad-Adenauer-Allee 46; Dauer: bis 18.9., Di-So 11-18; www.ludwiggalerie.de ALLE SPIELE DER EM LIVE BEI UNS! am Markt Stammhaus der Dortmunder Kronen Betenstraße 1 | 44137 Dortmund Tel. 0231 527548 | www.wenkers.de

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