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HEINZ Magazin Bochum 12-2016

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HEINZ Magazin Dezember 2016, Ausgabe für Bochum, Herne und Witten

KINO ÜBERSICHT

KINO ÜBERSICHT HEINZ-AUTOR 2016 KOCH MEDIA PALÄSTINA SUCHT DEN SUPERSTAR Ein Lied für Nour ■ Nachdem „Slumdog Millionaire“ ein Fernseh-Franchise zum schillernden Gesellschaftsporträt stilisiert hat, gestaltet diese Produktion das „Superstar“-Format zum Hoffnungsschimmer in den Verwerfungen des Palästina-Konflikts. Basierend auf der wahren Geschichte des „Arab Idol“-Gewinners Mohammed Assaf erzählt „Ein Lied für Nour”, wie sich der junge Palästinenser (Tawfeek Barhom) gegen alle Widrigkeiten aus dem Gaza-Streifen nach Kairo und dann in den Pop-Wettbewerb schlich. Regisseur Abu-Assad zeigt das Elend von Gaza eher plakativ als Plattform für eine völkerverbindende Vision von der Schlagerschnulze. Bei der politischen Analyse des Nahost-Dilemmas war Abu Assads Attentäter-Porträt „Paradise Now“ überzeugender. So kann man dieser arabischeuropäischen Koproduktion vor allem gut gemeinte Absichten zugutehalten. pk ❚ EIN LIED FÜR NOUR (Ya Tayr El Tayer/The Idol) PAL/ GB/KAT/NL/VAE 2015, 100 Min., Regie: Hany Abu-Assad, mit: Tawfeek Barhom, Hiba Attalah; Start: 1.12. DER REGENBOGEN SCHILLERT Alle Farben des Lebens ■ Die britische Indie-Regisseurin Gaby Dellal hat sich das New Yorker Townhouse zum feministischen Labor alternativer Lebensformen ausgebaut. Eigentümerin ist die Matriarchin Dolly, die mit ihrer Lebensgefährtin Frances die Dreigenerationen-Dynastie weiblicher Selbstbestimmung gegründet hat. Ihre Tochter Maggie lebt hier alleinerziehend mit Tochter Ramona, die im Mittelpunkt der Weiberwirtschaft steht: Die 16-Jährige, die sich Ray nennt, fühlt sich als Mann und möchte so bald wie möglich eine geschlechtsangleichende Operation. Dafür erntet sie kopfschüttelndes Unverständnis der Altlesben und das Mitgefühl der Mutter. Ihr leiblicher Vater, dessen zustimmende Unterschrift die Minderjährige braucht, stellt sich quer. In der prominent besetzten, glatten Tragikomödie prallt New Yorker Liberalität auf die Trump- Realität und Transgender auf Tradition. pk ❚ ALLE FARBEN DES LEBENS (Three Generations) USA 2016, 93 Min., Regie u. Buch: Gaby Dellal, mit: Susan Sarandon, Naomi Watts, Elle Fanning; Start: 8.12. TOBIS FILM PHILIPP KOEP Pionierinnen der Gleichberechtigung Starke Frauen gibt es im Dezember in allen Schattierungen auf der Leinwand. In konventioneller Manier und mit nostalgisch pittoresker Gestaltung werden zwei Emanzipationswunder schnippisch, aber brav präsentiert („Marie Curie“, Start: 1.12., „Paula“, 15.12.). Engagiert, aber recht glatt kommt weibliche Selbstbestimmung hundert Jahre später zwischen Lesben-WG, Alleinerziehender und Transgender-Wunsch daher („Alle Farben des Lebens“, 8.12.). Eine „starke“ Frau ganz anderer Prägung zeigt Florian Eichingers Missbrauchsdrama mit dem beziehungsreichen Titel „Die Hände meiner Mutter“ (siehe Story, 1.12.). Philipp Koep P‘ARTISAN FILMPRODUKTION TRICKY DICK UND THE KING? Elvis & Nixon ■ Das Oval Office war schon häufiger Schauplatz von grotesken Vorkommnissen, warum also nicht einmal wild spekulieren? Historisch belegt und fotografisch dokumentiert ist immerhin das Treffen des US Präsidenten mit dem Popstar am 21.12.1970. So wenig darüber bekannt ist, so sehr füllt diese Polit-Satire das Vakuum mit einem skurrilen Plot. So dient sich der vom rockenden Elternschreck zum Vegas-Entertainer mutierte Plattenmillionär der reaktionären Leitfigur des Establishments als Spezialagent im Anti-Drogenkampf an. Dabei verweist er auf seine besonderen Qualifikationen als Waffennarr und die Mitwirkung in Martial-Arts-Filmen. Während die Stabschefs ihren Ohren nicht trauen, zeigt sich der Präsident sehr interessiert. Mit illustrer Besetzung munter agierend, kann der Film die neuesten kuriosen Entwicklungen im Weißen Haus kaum überbieten. pk ❚ (ELVIS & NIXON) USA 2016, 86 Min., Regie: Liza Johnson, mit: Kevin Spacey, Michel Shannon, Colin Hanks, Alex Pettyfer, Johnny Knoxville; Start: 8.12. EMANZIPATION MIT HERZ Marie Curie ■ Ihrer grandiosen Leistung als Naturwissenschaftlerin, erste Professorin an der Sorbonne, erste und doppelte Nobelpreisträgerin in zwei Disziplinen, fügt dieses Biopic den eher traditionell weiblichen Aspekt hinzu: Liebe, Partnerschaft und Kindererziehung. So geht es der französischen Regisseurin Marie Noëlle weniger um die Entdeckung radioaktiver Elemente als um die Doppelbelastung einer Forscherin und Liebhaberin in einer von bigotter Männermoral geprägten Zeit. Die gemeinsamen Forschungen mit Ehemann Pierre Curie wurden in der Machowelt der Akademiker mit Naserümpfen hingenommen. Doch als Marie Curie nach dem Unfalltod ihres Gatten erfolgreich weitermachte und dann auch noch ein Verhältnis mit dem verheirateten Kollegen Paul Langevin begann, überdeckte der Skandal selbst ihre wissenschaftlichen Triumphe. Aus heutiger Sicht natürlich auch ein Skandal. pk ❚ MARIE CURIE F/D/PL 2016, 100 Min., Regie: Marie Noëlle, mit: Karolina Gruszka, Samuel Finzi, Charles Berling, André Wilms, Daniel Olbrychski; Start: 1.12. UNIVERSUM FILM DAS „WUNDER IM PULLUNDER” IM KINO Schubert in Love WILD BUNCH GERMANY ■ Es ist zum Lachen, irgendwie kriegt jeder TV-Comedian irgendwann auch mal seinen Kinofilm. Doch die Kassenknüllerzeit von Otto bis Loriot ist längst vorbei. Für Pocher, Atze, Barth & Co. gab’s im Kino nix zu lachen. Nun kommt mit dem Olaf Schubert der magerfleischgewordene Ossi-Komplex ins Kino und bestätigt den Überflüssigkeitstrend. Olaf ist der unwürdige Spross der Schubert- Dynastie. Zu mehr als Psychologe im Sozialzentrum hat es nicht gereicht, wenn man von seinen dilettantischen Musical-Kompositionsbemühungen absieht. Doch der dominante Vater (Mario Adorf) verlangt mehr von dem schmächtigen Junggesellen als ignorante Gutmenscheleien: Nachwuchs. Mit der Patientin Pamela findet der Knabe mit schütterem Haar eine Kandidatin, doch der Rest ist alles andere als leicht im Universum des Olaf, das bisher keine Frauen kannte. pk ❚ SCHUBERT IN LOVE D 2016, 94 Min., Regie: Lars Büchel, mit: Olaf Schubert, Marie Leuenberger, Mario Adorf, Jochen M. Barkas, Bert Stephan; Start: 8.12. 50 | HEINZ | 12.2016

UNIVERSUM FILM 2016 VEILLEUR DE NUIT ZERO ONE FILM WRONG MEN FEMINISMUS LIGHT Paula MÖRDER AM TATORT Wrong Elements ■ Ob Curie oder jetzt Paula Modersohn-Becker, das Dezember-Kino erzählt von den Pionierinnen der Gleichberechtigung in Kunst und Wissenschaft – freilich mit leichtem, romantischem Einschlag. So schlägt sich die Expressionistin aus der Künstlerkolonie Worpswede mit viel Girlie-Power durch die Gesellschaft männlicher Ignoranten, exzentrischer Exoten und eines hingebungsvollen Witwers namens Otto Modersohn. Die norddeutsche Moorlandschaft gerät vor der Kamera zur sonnenlichten Pastorale, die sich auf der Leinwand der Künstlerin paradoxerweise so nie findet. Der Titel ist Programm: Das Biopic führt vor, was wir mit gut 100 Jahren Abstand beifällig goutieren können, das Namedropping berühmter Cameo-Auftritte, die Selbstgewissheit der entschlossenen Künstlerin und gefällig modernen Frau, die wir auf Augenhöhe „per Du“ kennenlernen. pk ❚ PAULA D/F 2016, 123 Min., Regie: Christian Schwochow, mit: Carla Juri, Albrecht Abraham Schuch, Roxane Duran, Joel Basman, Klara Deutschmann; Start: 15.12. HORROR-SAMPLE Shut In ■ Nach dem Tod ihres Mannes lebt die Psychologin Mary zurückgezogen mit ihrem nach einem Unfall völlig gelähmten Sohn. Als sie den Waisenjungen Tom adoptiert, verschwindet das Kind spurlos. Dafür wird Mary von grausigen Visionen heimgesucht. Ein Schneesturm naht, die Ereignisse überschlagen sich. Was in der Musik längst gang und gäbe ist, macht sich zunehmend im Horror- Genre breit: Statt eigener Kompositionen ■ Sie sind Täter und Opfer zugleich, einst wurden sie von Joseph Konys Urwaldguerilla verschleppt und als Kindersoldaten zwangsrekrutiert. Der amerikanische Journalist Jonathan Littell hat ehemalige Mitglieder der „Lord’s Resistance Army“ durch den Kongo zu Schauplätzen ihrer Greueltaten begleitet. Mit teils kindlicher Unbefangenheit berichten die jungen Erwachsenen von ihrer Angst, dem Machtrausch mit der Waffe und der Abstumpfung angesichts der täglichen Greueltaten. Der eine äußert unbekümmert, er wäre sofort wieder dabei, wenn die Kameraden riefen. Die Kämpferin, die Kony als Geliebte zugeführt wurde und schwanger wurde, leidet bis heute unter den Geistern der Vergangenheit. Littell’s Doku verfolgt meist kommentarlos das Geschehen. Auch wenn oft Erklärungen fehlen, zeigt sich deutlich, was es bedeutet, wenn man Kindern ihre Kindheit raubt und durch das Böse ersetzt. pk ❚ WRONG ELEMENTS D/B/F, 133 Min., Regie u. Buch: Jonathan Littell; Start: 8.12. werden nur noch Versatzstücke kombiniert. So bedient sich Drehbuch-Debütantin Christina Hodson ausgiebig bei Kings „The Shining“ und mischt üppig „haunted house“ mit „slasher horror“, einem „locked in“-Syndrom und ordentlich Ödipus-Komplex ab. Dazu gibt es den üblichen dumpfen „Dröhn“-Track. Das Resultat ist der Horror des Horror-Kenners: eine absehbare Handlung, die auf Plausibilität keinen besonderen Wert legt. pk ❚ (SHUT IN) F/CAN 2016, 90 Min., Regie: Farren Blackburn, mit: Naomi Watts, Oliver Platt, Jacob Tremblay, Charlie Heaton, Clémentine Poidatz; Start: 15.12. PANDORA FILM, MARTIN VALENTIN MENKE

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