Schönes Shopping! Kunst und Kommerz Von Albrecht Dürer über Andy Warhol und Gerhard Richter bis hin zu ganz frischen künstlerischen Auseinandersetzungen zum Themenkomplex „Kunst und Einkauf” spannt die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen mit der neuen Ausstellung „Let’s buy it“ den Bogen. Künstler aus sieben Jahrhunderten beleuchten die Märkte in allen Facetten: Mal wird das Kunstwerk zur Ware, mal werden Warenwelt, Konsumkritik und Shoppingspaß zum künstlerischen Motiv. Don Eddy: Strumpfhosen, Handtaschen und Schuhe, 1974, Ludwig Forum internationale Kunst Sven Piayda: A sudden gust of wind, 2016 © Sven Piayda © DON EDDY, FOTO ANNE GOLD, AACHEN 56 | HEINZ | 02.2017
SYLVIE FLEURY: INSOLENCE, 2007 © SYLVIE FLEURY COURTESY THE ARTIST AND SPRÜTH MAGERS K unst und Geld, das ist ein weites Feld, ein spannendes, ausgesprochen facettenreiches und mit „Kunst lieb: Kaufen böse“ – nach einem Schriftbild des Mülheimer Künstlers Laas Abendroth – keinesfalls abgetan. Mit rund 300 Arbeiten von 87 Künstlern seit dem Spätmittelalter, Werken alter und moderner Meister bis hin zu junger Kunst aus der Region – von der Reliquienbüste der Hl. Ursula (Mitte 14. Jh.) und Holzschnitten Dürers bis zu Videoinstallationen von 2016 – schöpft man technisch aus dem Vollen. Und auch inhaltlich ist die Ausstellung breit aufgestellt: In 12 Themenräumen nähert sie sich dem komplexen Thema. Zum Einstieg bietet die Abteilung „Kunst und Einkauf“ einen ersten Rundumschlag: Es geht um Verpackung und Zurschaustellung, um Luxusgüter einst und jetzt: Sylvie Fleurys Arrangement von Edelmarken- Einkaufstaschen neben spätmittelalterlichen Reliquienkästchen, Blicke in historische und moderne Schaufenster, künstlerisch verarbeitete Kassenbons und Strichcodes. Das Themenfeld „Kunst und Geld“ beackern u.a. Dürers Holzschnitt von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel, ein Alabasterrelief mit dem Judasverrat gegen Silberlinge (um 1380), aber auch Warhols Dollarzeichen-Drucke und Martin Gensheimers krakelig skizzierte Euroscheine (2016). „Menschen im Warenhaus“ waren schon immer lohnenswerte Motive: Hier gibt es neben historischen Marktszenen auch ein Wiedersehen mit Rudolf Holtappels wunderbar entlarvender Fotoserie und Brigitte Kraemers Trinkhallen-Impressionen. Beispiele aus der Ausstellung „Kunst für alle | Meisterwerke massenhaft“ von 2016 sind nochmals in die aktuelle Schau eingegliedert. Albrecht Dürer wird als früher Künstlerunternehmer vorgestellt – mit seinem ausgewogenen Sortiment an Druckgrafik in unterschiedlichen Preissegmenten. Erfolgreiche Kunst, die sich gut verkauft, wird gern kopiert, gefälscht oder nach aktuellem Trend übermalt, die Ideen und Motive recycelt – das war zu Dürers Zeit nicht anders als heute. Im Themenraum rund um Kopien & Co. finden sich u.a. Klaus Staecks bekannte „Umweltpostkarten“ (1969-92) mit aktualisierten Dürer-Motiven (die„Betenden Hände“ in Schraubzwingen, das „Kleine Rasenstück“, mit Kunstdünger verseucht). Die Ausstellung gewährt Seitenblicke auf die aus heutiger Sicht unfassbare Spekulationsblase des 17. Jh.: den niederländischen Tulpen- Hype. Exotische Tulpenzwiebeln kosteten damals ein Vermögen, wurden teurer und teurer, bis der Markt zusammenbrach. „Sex sells“ titelt ein weiterer Bereich, mit entsprechender Bebilderung wie den Pop- Art-Pin-ups neben Markenprodukten von Mel Ramos. Um Kunst als Auftrag geht es. Und mal um Kunst als Ware oder in der Werbung, mal um den Künstler als Marke (z.B. Nagel-Uecker oder Piktogramme von Keith Haring). Oder um Marken als Kunst, darunter Warhols Brillo-Kartons oder Campbell’s-Suppendosen. Zentrales Thema ist natürlich der Kunstmarkt selbst, dieser irrsinnige Betrieb zwischen bitterer Künstlerarmut und Auktionsrekorden in Millionenhöhe, u.a. für Werke von Picasso oder Gerhard Richter, vertreten mit einem Gemälde von 1965, das Brigitte Bardot und ihre Mutter beim Shoppen zeigt. Mitunter scheint die Zuordnung einzelner Werke in den Räumen ein wenig beliebig und austauschbar, doch das liegt auch in ihrer Natur, sprich Mehrdeutigkeit. Manches erfährt unter neuem Blickwinkel, in ungewohnter Zusammenschau, einen Bedeutungszugewinn. Besonders erfrischend ist dabei der flotte Mix aus alten Meistern und zeitgenössischer Kunst. Versteht sich, dass die einzelnen Themenschwerpunkte, die locker allein eine Ausstellung füllen könnten und wie „Kunst für alle“ ja auch schon taten, in der aktuellen Schau nur angerissen werden. Die ausgestellten Werke auf drei Etagen sind Seh-Angebote und Appetithäppchen, die zur tiefergehenden Beschäftigung mit dem Komplex „Kunst und Markt“ anregen oder mit pointierten Aha-Kunsterlebnissen einfach unterhalten wollen. Eine breite Kollektion, von meisterhaften Millionenwerten bis zu humoriger Konsumkritik, von allem, für alle etwas. Die Ludwiggalerie ähnelt damit einem Kaufhaus, in dem man freilich nichts kaufen kann. Aber bis zum CentrO ist’s ja nur ein Katzensprung. Claudia Heinrich ❚ LET’S BUY IT! Kunst und Einkauf Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, Konrad-Adenauer-Allee 46; Dauer: bis 14.5., Di-So 11-18 Uhr; www.ludwiggalerie.de Nordeuropa zu Gast in Essen SKANDINAVIENWELT BEI DER REISE + CAMPING IN ESSEN 15.-19. Februar 2017 Norbertstraße | 45131 Essen Öffnungszeiten: täglich 10–18 Uhr Eintrittspreise: Tageskarte: 9,00 Euro (ermäßigt 7,00 Euro) Familienkarte: 19 Euro www.skandinavienwelt.de www.die-urlaubswelt.de
02 2017 DAS INFO-MAGAZIN FÜR BOCHU
Februar 2017 KARI YLITALO 04 Startp
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