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02_2019 HEINZ MAGAZIN Duisburg, Oberhausen, Mülheim

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BÜHNE | TIPP DES MONATS

BÜHNE | TIPP DES MONATS 60| HEINZ |02.2019

Geschichten aus dem Freudenhaus Datisgetzquasi ein Klassiker,ne? Anna Basenerfiel fast derTelefonhöreraus derHand.Schon vorVeröffentlichung ihres Romans„Alsdie Omma denHuren noch Taubensuppekochte“ sicherte sichAdolfWinkelmanndie Filmrechte. Pott-Kultur-IkoneGerburgJahnkehat dasHörbuch eingelesen.Dann gewann Basener denPutlitzer-Preis für denamüsantesten deutschsprachigen Roman2018. Und als Bonbon obendrauf wird diedeftige Ruhrpott-Rotlicht-Saga am 16. Februarauf derTheaterbühneinDortmundreüssieren. Regiewiederum Frau Jahnke. Dasdarfman wohl „InstantClassic“nennen. Anna Basener ©JensOellermann W as für ein Titel. Satt, sinnlich, geradezu Barock, lokal. Ommas – mit Doppel-m – kommen meist aus dem Ruhrgebiet. Hier in Essen-Rellinghausen steht oder stand dann auch das Freudenhaus, indem die Omma aus Anna Baseners Roman residierte. Rückblickend wird erzählt aus dem Leben der Prostituierten und ihrer Umgebung, deftig und heftig, zwischen Brutalität und Zärtlichkeiten, von den ewigen Hoffnungen auf die große Liebe und über die Verzweiflung angesichts des steten Scheiterns. Von starken Frauen und vielen dummen Kerlen. Als Folie dient Berlin, ja das hippe Berlin von heute, wodie erzählende Enkelin Bianca schicke Seidenschlüpfer als prekäres Ein-Frau-Start-Up-Unternehmen schustert. Ruhrpott-Omma trifft Hipster-Berlin,ganzgroß. Basener kommt aus Essen, geboren 1983, hat am Hildesheimer Literatur-Institut studiert und sich dieses Studium mit dem Schreiben vonGroschenromanen finanziert. Lautder ZEIT warsie zeitweisedie erfolgreichste Schreiberin in diesem Metier. Doch ihr Roman hat ein anderes Kaliber. Unterhaltungsliteratur mit lässigem Pop-Appeal zweifellos, schnell wegzulesen. Doch literarisch ist etwa der Sound des Kunstseidenen Mädchens von Irmgard Keun –erschienen 1932 - aufgenommen. Ruhrgebiets-Literaturfreunde könnten sich auch an den Bergkamener Schmuddel-König Hans Henning Claer („Lass jucken Kumpel“) erinnert fühlen oder an den eher sozialkritischen, im Essener Süden spielenden Call-Girl-Polit-Thriller „Anita Drögemöller oder die Ruhe an der Ruhr“ von Jürgen Lodemann, ebenfalls verfilmt1976. Babylon Ruhrpott. KeineBerben Nachdem Anna Basener in Dortmund gemeinsam mit Adolf Winkelmann das Film-Drehbuch bereits fertiggestellt hatte, konnte sie nun direktimnächsten Mediumweitermachen und gemeinsammit Gerburg Jahnke eine Theaterfassung schreiben. Kay Voges und Drama- turg Alexander Kerlin wollten den Stoff für ihr Haus. Der Inszenierung steht eine Traumbesetzung zur Verfügung: Anke Zillich, ebenfalls gebürtige Essenerin spielt die Omma. Anna Basener, wie Gerburg Jahnke sind darüber restlos begeistert. „Iris Berben etwa könnte das nicht“, lacht Anna Basener und die Regisseurin attestiert der bekannten Mimin, eine großartige Komödiantin zu sein. Und :„Anke Zillich ist die Omma“. Mit Andreas Beck, Caroline Hanke (als Bianca) und FriederikeTiefenbach sind weitereRollenexquisitbesetzt. Dem Pop-Faktor des Stoffes trägt zudem die Musik Rechnung. Tommy Finke hat Chanson-Schlager komponiert, gut 10 Songs kommen zur Aufführung und machen so die angekündigte „musikalische Komödie“ rund. Erstmals erschuf Basener, die Frau, die laut Wikipedia auch schonWestern-Pornos schrieb,dafür Songtexte. Nichts weglabern Ein weiterer sentimentaler Ruhrpott-Abend? Nein und ja und anders, versprechen die Macherinnen. Basener mag es, dass ihre Omma „vom Klischee her wegerzählt“ sei, während Gerburg Jahnke findet, dass die Klischees „halt alle stimmen“, aber der Abend dennoch die Geister scheiden wird. Denn was erzählt wird, werde „nicht weggelabert“ (Basener) und zeige auf der Bühne mehrere durchaus provokante Meinungen zum schwierigenThemaProstitution. Es verspricht ein spannender Abend zu werden in Dortmund, wenn die Drehbühne (Michael Sieberock-Serafimowitsch)sich danndreht, rotierend zwischen Rotlicht-Pott und Berlin-WG, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, darauf die Figuren auf der Suche nach der Poesie der unwahrscheinlichen wahren Liebe in der Prosa der prekärenökonomischen Verhältnisse. Tom Thelen ❚ ALS DIE OMMA DEN HUREN NOCH TAUBENSUPPE KOCHTE Theater Dortmund, Theaterkarree 1-3, Dortmund; Termine: Premiere16.2., ab 19 Uhr; dann 21.+22.2., 2.,8., 23.3., 3.+14.4., 4.+5.4., 1.+29.6.; Tickets: 12-33€ 02.2019| HEINZ |61

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