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HEINZ Magazin Wuppertal 01-2016

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HEINZ Magazin Januar 2016, Ausgabe für Wuppertal, Solingen, Remscheid

KONZERTE TIPP DES MONATS

KONZERTE TIPP DES MONATS Achterbahn der Gefühle Der toskanische Barde Jovanotti Seit 30 Jahren ist Lorenzo Cherubini im Pop-Geschäft tätig und gehört immer noch zu den populärsten cantautrici Italiens, wie man dort die Singer-/Songwriter nennt. Aber auch hierzulande gibt es viele Fans und Freunde des Musikers, die den Sänger nicht nur wegen seines italienischen Charmes schätzen. Am 14.1. ist er exklusiv zu seinem einzigen Deutschland-Konzert in Düsseldorf zu Gast. S uperstar, Identifikationsfigur, Bad Boy: Auf seiner spektakulären Sommertournee mit über 500.000 Besuchern brachte Lorenzo alias Jovanotti das Publikum schon in Rage. Nun geht es auf die von den Fans heiß ersehnte Indoor-Tournee – die ihn exklusiv nach Deutschland führt. Der Musiker ist Sänger und Komponist und spielt seit 30 Jahren und mit 27 Alben eine tragende Rolle in der italienischen Musikszene. Als Italiener alleine kennt man mindestens fünf seiner Songs in- und auswendig. Doch auch viele Deutsche haben schon mal Jovanottis „Serenata Rap“ gehört – eine entspannte und jazzige Popnummer aus dem Jahre 1994, in der Lorenzo eine unbekannte Schöne auf Italienisch besingt. Dabei macht es fast gar nichts, dass einige seine Texte hierzulande aufgrund von Sprachkenntnismangel nicht verstehen. Ob der Hit wohl auch auf Platz 20 der deutschen Single-Charts geklettert wäre, wenn man Zeilen wie „Nei tuoi fianchi sono le alpi nei tuoi seni le dolomiti“ auf Anhieb verstanden hätte? Vermutlich wäre der groovige Track auch so erfolgreich gewesen, wenn Cherubini mit seiner kratzigen Stimme „In deinen Hüften seh’ ich die Alpen und in deinen Brüsten die Dolomiten“ auf Deutsch gerappt hätte. Denn die Kunstfigur Jovanotti hat den entwaffnenden Charme eines Lausbuben, dessen sonniges Gemüt alle in einen positiven Bann zieht. In seiner Heimat werden Genuss, Temperament und Amore ganz groß geschrieben. Und Jovanotti verkörpert diese moderne, italienische Lebenslust mit seiner Musik und spiegelt das energiegeladene und leidenschaftliche Nachtleben in Bologna, Rom, Mailand, Florenz, Turin, Rimini, Genua, Bari und Palermo in seinen Songs wider. Man trifft sich am frühen Abend in einer Osteria zum gemeinsamen Abendes- sen mit Freunden, speist ausgiebig und genießt das Leben in vollen Zügen bei dem einen oder anderen Gläschen Wein. Dann zieht man weiter in die umliegenden Bars, dabei wird nicht bis zur Besinnungslosigkeit gebechert. Weit nach Mitternacht geht es in die Clubs, wo ausgelassen bis zum Sonnenaufgang gefeiert wird. In Jovanottis Liedern hört man das Leben pulsieren. Seine Songs aus Rap, R’n’B, Rock, Pop, Funk, Latin und afrikanischen Beats gehören zum Soundtrack einer globalen und stets wachsenden Fangemeinde. HipHop hat ihm den Karriereweg geebnet. Bereits als 15-Jähriger spielt Lorenzo Cherubini in lokalen Radiostationen Roms Platten, die er später auch in den Clubs der Hauptstadt rotieren lässt. Mit neunzehn Jahren geht er nach Mailand, wo er vom Medien- Impresario Claudio Cecchetto entdeckt wird, der ihn unter seine Fittiche nimmt und ihn beim angesagten Radiosender Deejay als „Jovanotti“ unterbringt. Seine jugendliche Passion für Clubs und die amerikanische HipHop-Szene motivieren Jovanotti zu seinen ersten Singles „Gimme five“ und „E’ Qui La Festa?“. Sie landen auf seinem Debütalbum „Jovanotti for President“, das Rap in Italien salonfähig macht. Mit den Folgealben „La Mia Moto“, „Giovani Jovanotti“ und „Una tribù che balla“ und seinen Moderationen von TV-Shows wie „Uno, Duo, Tre, Casino“ und „Fantastico“ wird das Multitalent im Stiefelstaat immer präsenter, verabschiedet sich jedoch bald darauf vom Dasein als poppiger Trendsetter. Ein stilistischer und wegweisender Umbruch findet mit der Single „Gente Della Notte“ statt. In den frühen 1990ern gründet Lorenzo sein Musikerkollektiv wie auch eigenes Label Soleluna, auf dem er Künstler wie den Bassisten Sa- GIOVANNI STEFANO GHIDINI 20 | HEINZ | 01.2016

turnino Celani produziert. In dieser Zeit interessiert er sich zunehmend für Politik, wie man im Song „Penso Positivo“ hören kann. Mit seinem erfolgreichsten Album „Lorenzo 1994“ spürt man bereits diese charakteristische Balance zwischen klaren Statements und leichten Balladen wie „Serenata Rap“. Es ist Jovanottis Durchbruch in Europa und in Lateinamerika. Er nutzt seine Popularität in der „Drop The Debt – Make Poverty History“-Kampagne und nimmt gemeinsam mit Bono und Bob Geldof an den 1998er Podiumsdiskussionen im Rahmen des G8-Gipfels teil. Kaum vorstellbar, dass der Sänger von „È qui la festa?” (‚Steigt hier die Party?’) und der Jovanotti zum Jahrtausendwechsel ein und dieselbe Person sind. 2000 gastiert er beim Sanremo-Festival mit einem Stück, in dem er einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt fordert. 1999 engagiert sich Jovanotti gegen den Krieg im Kosovo, indem er zum Beispiel gemeinsam mit zwei Musikerkollegen, Pelù und Ligabue, die Einnahmen an ihrem Titel „Il mio nome è mai più” spendet. Darüber hinaus unterstützt er die Kandidatur des brasilianischen Präsidenten Lula und nimmt an einem Projekt zur Unterstützung der Zapatisten im mexikanischen Chiapas teil. Sein Kampf gegen die Mafia und Berlusconis Boykott seiner Musik fügen sich nahtlos in die Kollaboration mit dem brasilianischen Bahia-Percussionisten Carlinhos Brown auf Jovanottis Album „Il quinto mondo“ (2002) ein. Mit „Roma“ legt Lorenzo Cherubini 2003 als Leader seines dreizehnköpfigen Collettivo Soleluna ein Studioalbum zwischen Jazz, Latin und Rap vor, das sich irgendwo zwischen Jorge Ben, Manu Chao und Gurus Jazzmatazz einsortieren lässt. Zu den Aufnahmen von „Safari“ (2008) schart der in der Toskana lebende Musiker einen illustren Kreis von Freunden und Gleichgesinnten um sich. Ben Harper spielt auf der Single „Fango“ Gitarre. Sly & Robbie brauen auf „Temporale“ einen verdubbten Wirbelsturm zusammen. Sergio Mendes haut auf „Punto“ in die Tasten eines Fender Rhodes-Pianos. Michael Franti von Spearhead singt auf „Mani libere 2008“ mit Jovanotti im Duett Und wie erfolgreich ist Jovanotti im Ausland? Er hat zahlreiche Konzerte in Österreich und Deutschland, in einigen Ländern in Osteuropa sowie in Südamerika gegeben. Nach Überhits wie „L’Ombelico del Mondo“, „Penso Positivo“ und „Serenata Rap“ sind große Welttourneen und Plattenverkäufe einfach abzusehen gewesen. Aber das hält den nimmermüden Musiker nicht vom unermüdlichen Touren, Produzieren und Reisen ab. Sein Reisetagebuch „Il Grande Boh!“, das sich hunderttausendfach in Italien verkaufte, ist Jovanottis bisher größter schriftstellerischer Triumph. Man kann also getrost sagen, dass der 49-jährige Familienvater einer der wenigen Helden unserer Zeit ist, der sich seit Jahrzehnten politisch engagiert, der sich für Schwächere einsetzt und seine Musik wie kaum ein anderer lebt. Im letzten Jahr hat er sein neuestes Meisterstück „Lorenzo 2015 cc“ bzw. 30 Songs veröffentlicht, die sich zwischen HipHop, Rock, EDM, Liebesballaden, Global Pop, Funk, Samba, Tango, Afrobeat, Soul, Synthie-Pop bewegen. Dabei möchte man beim Lauschen Händchenhalten, dann wieder sofort auf die Tanzfläche stürzen oder wie im Stadion lauthals mitgrölen. Mit dem aktuellen Album umarmt der toskanische Barde die ganze Welt. Das mag mitunter auch an seinen Gästen liegen. Seine italienischen Komplizen sind ohnehin dabei, darunter der großartige Bassist Saturnino, aber auch die Afrobeat-Truppe Antibalas aus Brooklyn, der US-sudanesische Sänger Sinkane, der Star-Schlagzeuger Omar Hakim, Money Mark von den Beastie Boys, Jack White Drummer Daru Jones und auch der Tuareg-Gitarrero und Sänger Bombino. Er selbst sagt über das innovative Album, es sei wie eine Fahrt auf der „Achterbahn der Gefühle“. „Lorenzo 2015 cc“ ist ein Album mit einer sehr positiven Ausstrahlung, aber Jovanotti ist eben auch so ein Sonnenschein, ein in die Jahre gekommener Lausbub, der sein Publikum zu infizieren weiß. SL ❚ JOVANOTTI Mitsubishi Electric Halle, Sieburger Str. 15, Düsseldorf; Termin: 14.1., 20 Uhr; Preis: 61,90 € (VVK), Tickethotline (0211) 237001237; Verlosung: 3x2 Karten unter www.heinz-magazin.de 01.2016 | HEINZ | 21

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