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HEINZ Magazin Bochum 12-2016

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HEINZ Magazin Dezember 2016, Ausgabe für Bochum, Herne und Witten

Unschärfe erlaubt Essen

Unschärfe erlaubt Essen 1980: Fotografie erfindet sich neu Mit Otto Steinerts Tod 1978 endete eine Ära für den Studiengang Fotografie an der Folkwangschule. Für frischen Wind und neue Ideen sorgte Gastdozent Michael Schmidt aus Berlin-Kreuzberg, Gründer der „Werkstatt für Photographie“. Ein Ausstellungsprojekt in drei Städten würdigt nun die Arbeit der legendären „Werkstatt“. Das Essener Museum entdeckt dabei unter dem Titel „Das rebellische Bild” die junge Folkwang-Szene rund um Michael Schmidt. Joachim Brohm: „Revierpark Nienhausen“, 1982 Christa Mayer: „o.T.“, 1982-1982, aus der Serie „Portraits aus einer psychatrischen Langzeitstation“ © JOACHIM BROHM, VG BILD-KUNST, BONN 2016 © CHRISTA MAYER, VG BILD-KUNST, BONN 2016 56 | HEINZ | 12.2016

USCHI BLUME, AUS DER SERIE: „WORAUF WARTEST DU?“, 1980, © USCHI BLUME D ie beiden Jungs auf der Schwarz-Weiß-Fotografie hängen sozusagen stehend in den Seilen, sichtlich angeschlagen vom Besuch eines Berliner Punk-Clubs anno 1979. Ihr Foto ist Teil der Serie „Worauf wartest du“ der damaligen Fotostudentin Uschi Blume. Die Folkwang-Schau zeigt viel Zeitkolorit: Joachim Brohms „Revierpark Nienhausen“, Gosbert Adlers bewegte Porträts, Volker Heinzes Stillleben auf dem Küchentisch, Andreas Horlitz’ Straßenszenen aus dem „Pott“ der 1980er-Jahre. Petra Wittmar hat stille Aufnahmen aus ihrer sauerländischen Heimat mitgebracht. So unterschiedlich ihre Motive auch sind, sie alle stammen aus dem Studiengang Fotografie an der damaligen UGH Essen und offenbaren einen radikal individuellen Ansatz: eine Studentengeneration auf der Suche nach neuen Bildern und sich selbst. Ein Blick zurück: An der Folkwangschule lehrte seit 1959 einer der bedeutendsten deutschen Fotografen der Nachkriegszeit, Otto Steinert. Wer Fotografie studieren wollte, zog wegen Steinert nach Essen und erlernte „subjektive Fotografie“ nach Art des Meisters. Ziel war das perfekte Foto in Schwarz-Weiß, eine subjektive Deutung der Wirklichkeit, im besten Falle Kunst. Steinerts Tod 1978 hinterließ ein Vakuum – aber auch produktive Aufbruchsstimmung. Ein Generationswechsel: Der Studiengang Fotografie musste sich neu erfinden. Die Folkwangschule zog in die Beton-Uni am nördlichen Cityrand. Zum Neustart kam Gastdozent Michael Schmidt 1979/80 aus Westberlin und setzte in nur einjähriger Tätigkeit provokante Akzente in der Lehre. Schmidt war 1976 Gründer der „Werkstatt für Photographie“ in Berlin- Kreuzberg, die bis 1986 existierte und eine künstlerische „Luftbrücke“ in Richtung USA schlug. Es gab regen Austausch zwischen jungen amerikanischen Fotografen, die längst mit Farbfilm experimentierten, und deutschen „Werkstatt“-Kollegen, Profis wie Amateuren. Diese Diskurskultur brachte Schmidt nach Essen mit und etablierte ein demokratisches Experimentierfeld jenseits traditioneller Ausbildung. „Das rebellische Bild“ zeigt einige Arbeitsresultate. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Werkstatt für Photographie taten sich C/O Berlin, das Sprengel Museum Hannover und das Museum Folkwang zusammen, um die ein wenig in Vergessenheit geratene legendäre Fotografie-Institution in drei Ausstellungen zu würdigen. Die Essener Schau entdeckt dabei mit Blick auf Michael Schmidts Lehrtätigkeit und seine Studenten und deren US-amerikanische Vorbilder ein wichtiges Kapitel deutscher Fotografiegeschichte neu – jenseits der Erfolgsgeschichte der Düsseldorfer Schule. 28 fotografische Positionen werden vorgestellt; über die Hälfte ehemalige Studierende, darunter auch Andreas Gursky, der in Essen sein Studium begann und hier frühe Arbeiten zeigt. Demgegenüber steht eine Abteilung mit Werken berühmter US-Fotografen – u.a. Arbus, Shore, Graham, Frank, Eggelston –, die die Essener Studenten inspirierten. Letztere haben mit Engagement und Leihgaben ihrer Fotografien die aktuelle Ausstellung ermöglicht. In einem exklusiv für „Das rebellische Bild“ entstandenen Interviewfilm kommen die Beteiligten mit ihren Erinnerungen zu Wort. Und natürlich sind auch Werke von Otto Steinert (1915- 1978) und Michael Schmidt (1945-2014) zu sehen. Steinert war old school, Schmidt bot flache Hierarchien und Entfaltungsfreiraum. Die „subjektive Fotografie“ der Steinert-Schule ist unvergessen, doch haben sich Gegenstand und Fragestellung sichtlich verändert. „Es geht nicht mehr in erster Linie um das eine gute Bild“, erläutert Kurator Florian Ebner in seinem Katalogbeitrag, „sondern viel grundsätzlicher um die Frage: Was oder warum fotografierst Du?“ Man arbeitete in Serien, manchmal auch gemeinsam mit Kommilitonen, diskutierte viel, erkundete sein privates und urbanes Umfeld und nahm auf, was einen innerlich berührte. Ausdruck und Stimmung standen im Vordergrund, Unschärfe war erlaubt. Hauptsache authentisch und nah an der eigenen Lebenswirklichkeit „Ich will mit meinen Fotos zeigen, was hinter diesem Verhalten steht, mit dem sie sich letztlich selbst zerstören: unerfüllte Sehnsucht nach Leben“, kommentierte Uschi Blume ihre Fotoserie betrunkener Punks. „Vielleicht sollte ich hinzufügen, dass dies mein eigenes Lebensgefühl ist.“ Das war damals neu in der Fotografie und ist jetzt wiederzuentdecken. Claudia Heinrich ❚ DAS REBELLISCHE BILD. Situation 1980: Die Kreuzberger „Werkstatt für Photographie“ und die junge Folkwang-Szene Museum Folkwang, Museumsplatz 1, Essen; Eröffnung: 8.12.2016, 19 Uhr; Dauer: 9.12.-19.2.2017, Di/Mi/Sa/So 10-18 Uhr, Do/Fr 10-20 Uhr; www.museum-folkwang.de vinery* * Über 1200 Weine & Spirituosen * Große Champagner- & Whiskyauswahl * Feinkost & Schokoladensortiment * Weinsuchservice 100% BIO – natürlich lecker UNSERE KÖSTLICHEN BROTSPEZIALITÄTEN ERHALTEN SIE IN Bochum, Hattingen, Herne, Castrop, Witten, Herdecke, Dortmund, Solingen, Remscheid und Wuppertal u.a. 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