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05_2019 HEINZ MAGAZIN Essen

KUNST | TIPP DESMONATS

KUNST | TIPP DESMONATS 48| HEINZ |05.2019

copy, paste, destroy DerHartwareMedienKunstVerein in Dortmundzeigtseit EndeMärzzwölf künstlerische Arbeiten, die sich mitRechtspopulismus im Netzbeschäftigen. Stefanie Roennekesprachvorab mit Inke Arns,Direktorin desHMKV undKuratorin derAusstellung. Nick Thurston, „Hate Library“, 2017 ©the artist. Im Rahmen der Ausstellung „Der Alt-Right-Komplex –Über Rechtspopulismus im Netz“, HMKV im Dortmunder U,30.3. -22.9.2019 W ir bauen gerade die Computer Grrrls-Ausstellung ab und im Prinzip bauen wir die Computer-Boys auf“, merkt Inke Arns Anfang März an. Fokussierte die zuletzt gezeigte Ausstellung noch weiblich geprägte Ansätze für ein offenes und diversifiziertesInternet,versammelt „Der Alt-Right-Komplex“ Arbeiten zeitgenössischer Künstler, die sich mit Facetten des Rechtspopulismus imNetz auseinandersetzen. Und dieser ist, trotz einiger Protagonistinnen, oftmalsmännlich besetzt. Der umstrittene Begriff „Alt-Right“ (alternative Rechte) ist seit 2016 insbesondere inden USA ein Schlagwort für Ideologien am äußersten Rand der politischen Rechten geworden –auch wenn Rassismus, Antisemitismus oder Nationalismus mit dem Begriff selbst verschleiert werden sollen. Weiter steht Alt-Right für eine Strategie: Denn die Verbreitung der rechtsextremen Weltanschauung findet vornehmlich im Internet statt –mittels Hashtags, Memes, Netzwerk-Aktivismus oder Nachrichten-Websites. Wie groß der Einfluss ist, wird bereits durch wenige Worte deutlich, die sich in kurzer Zeit in den allgemeinen Sprachgebrauch gefressen haben: „fake news“ oder „alternative facts“. Ihre Popularität oder die von Begriffen wie „Volksverräter“ (Unwort des Jahres 2016) zeigt auf, dass die Strategien der Alt-Right nicht auf die USA begrenzt sind.„In Deutschland“, merkt Inke Arns an,„gibt es Phänomene, die viel von der Alt-Right gelernt haben. Imletzten Bundestagswahlkampf hat das rechtsextreme Netzwerk ‚Reconquista Germanica‘ massive Netzaktivtäten unternommen, die analog zu den Strategien der Alt-Right gesehen werden können, wie das massive Posten vonHasskommentaren oder die Förderung bestimmter Hashtags.“ Es ist eine „Gewaltätigkeit von Sprache“, die dadurch zum Ausdruck kommt. Um den unterschiedlichen Ausprägungen nachzugehen, vereint die Ausstellungenebenso Arbeiten, die sich mit dem amerikanischen Kontext beschäftigen wie solche, die europäische oder spezifisch deutsche Phänome- „Menschen müssen verstehen, wassie umgibt und wie diese Systeme funktionieren.“ ne aufgreifen.Jonas Staal erforschtmit „Steve Bannon. APropaganda Retrospective“ beispielsweise das filmische und politische Werk von Steve Bannon, um die Mechanismen aktueller Propaganda zu analysieren.Der neuseeländischeKünstlerSimon Dennyhinterfragt mittels Brettspielen die Überzeugungen und Philosophien von einflussreichen Silicon-Valley-Milliardären.„Wirhaben auch eine Arbeit, die zum ersten Mal den NSU-Mord inDortmund thematisiert“, hebt Inke Arns hervor.Der Comic „Bruchlinien“von Paula Bullingund Anne König fokussiert auf weibliche Figuren im NSU-Kontext. Für den dritten Teil, der für die Ausstellung fertiggestellt wird, haben die Künstlerinnen mit Gamze Kubasık, die Tochter des ermordeten Mehmet Kubasık, gesprochen. Neben „Bruchlinien“ werden noch drei weitereNeuproduktionen in derAusstellung zu sehen sein, „weil sich Künstler aktuell sehr intensiv mit diesen Themen auseinandersetzen“, so Arns. Wie deutlich zeitgenössische Kunst mit der politischen Gegenwart verknüpft sein kann, wird sich am Eröffnungsabend zeigen. Denn wenn am29. März um 23 Uhr der bisher geplante Brexit stattfinden sollte, werden sich die Ausstellungsräume des Hartware MedienKunstVereins gerade wieder geleert haben. Warum dieser Zusammenhang? Als 2013 das Internet für die Kanzlerin noch „Neuland“ war, gründete ein Milliardär die Firma Cambridge Analytica, die sich auf Datenanalysen spezialisiert hatte. Die damit ermöglichten Wahlmanipulationen unter anderem auf Facebook kamen im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf zum Einsatz und haben zuvor die Brexit-Kampagne beeinflusst. Diese neuen Mittel und Zeichen, die bereits auf DISNOVATION.ORG, „Online Culture Wars“, 2018-2019 ©the artist. Im Rahmen der Ausstellung „Der Alt-Right-Komplex -Über Rechtspopulismus im Netz“, HMKV imDortmunder U den Ausstellungsplakaten gesucht werden dürfen, waren auch Motivation für die Ausstellung: „Medienkompetenz ist heute wichtiger denn je. Menschen müssen verstehen, was sie umgibt und wie diese Systeme funktionieren“. ❚ DERALT-RIGHT-KOMPLEX –Über Rechtspopulismus im Netz HMKV im Dortmunder U, Leonie-Reygers- Terrasse,Dortmund; Dauer: 30.3.-22.9.; Öffnungszeiten: Mo-Mi 11-18 Uhr, Do+Fr11-20 Uhr, Sa+So 11-18 Uhr; Eintritt: frei 05.2019| HEINZ |49

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