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03_2019 HEINZ MAGAZIN Wuppertal, Solingen, Remscheid

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KONZERTE| TIPP DES

KONZERTE| TIPP DES MONATS Liebe, Leib, Politik Alles gut Motherfucker UrsprünglichwollteFunnyvan Dannen Maler werden. Dass der großeErfolgausblieb underseither seine Lieder durchdie Lande trägt,freut zahlreiche Zuhörer–und Musiker.Udo Lindenbergcoverte seinen Song „NanaMouskouri“ und denToten Hosenschrieb er Hits.Mit „Alles gut Motherfucker“veröffentlichte derMusikerund vierfacheFamlilienvaterimvergangenen Jahr seine sechzehnte CD.Worum es darauf geht, wiesoMenschen stattReligionen gehuldigt werden solltenund welche Rolle Poesiealben für die Entstehung seiner Songs spielen,hat der60-Jährige Nadine Beneke verraten. A uf deiner neuenCD„Allesgut Motherfucker“singstdu„Ichbin am liebstensuperglücklich“. Hast du einGeheimrezept? Naja,das Geheimrezeptist wahrscheinlichGesundheit.Das istnicht so geheim. Wenn man gesund und munter ist, ist das schon mal eine guteVoraussetzung,glücklichzusein. Lässtsichder Wahnsinnunserer Zeit eigentlich nurmit einer PortionIgnoranz ertragen? Ja, eine gewisse Dosis Ignoranz ist sicherlich hilfreich. Wenn man sich alles Mögliche reinzieht, ist das nicht zuverkraften. Man sollte dosieren,was man so an Wirklichkeitreinlässt. Du lebstkonsequenterweise ohneHandy undComputerund deineFamilie vermittelt. Dashilft? Da habe ich natürlich Glück. Wenn es nicht die Familie gäbe, wäre ichjagezwungen. Mittlerweile istesganzschwierig, mit der Außen- welt ohne Internet zu kommunizieren. Ich habe Festnetz, ich bin nichtganzvon der Welt abgeschnitten. Du hast vor demAbi die Schule geschmissen,nie in deinem Beruf als Grafikdesignergearbeitetund beschreibstdichals „widerwilligen Prominenten“. Wiezuträglichist es dem Glück, sein eigenes Ding zu machen? Ich glaube, dass eswichtig ist, dass man nicht allzu viele Sachen macht, die man eigentlich nicht machen möchte. Und Sachen sein zu lassen, die einem nichtgut tun. Ichhab michnie so in die Öffentlichkeit gedrängt, weil das nicht in meinem Naturell liegt. Ich stehe ab und zu gerne auf der Bühne und singe meine Lieder. Aber das hätte ich nicht sooft machen sollen, glaube ich. Ich bin eigentlich ein schüchterner Mensch und es kostet mich schon immer Energie, so einen Auftritt zu schaffen. Wie istesfür dich, wenn Menschen deineLieder mitsingen? 56| HEINZ |03.2019

Jaro Suffner Es kann anstrengend, aber auch schön sein. Esgibt manchmal richtig magische Momente. InInnsbruck gab es mal einen Moment, da hatte ich immer so eine zweite Stimme imOhr. Ich habe gedacht, vielleichtist das Mikro kaputt.Dannhabe ich nach zwei, drei Songs mitgekriegt: Da war eine Gruppe von sieben, acht Frauen, die sangen wirklich alle Lieder und Texte mit. Das war total toll. Als hätte ich einen Chor dabei. Es ist generell toll, wenn Leute die Lieder singen. Deshalb habe ich auch alles ins Netz gestellt mit Akkord-Angaben. WelcheThemen beschäftigen dich am meisten? Eigentlich alles. Aber Liebe, Leib und Politik natürlich immer. (lacht) Im Prinzip Gott und die Welt. Auf der neuen Platte gibt esjadas Lied „Immer diese Religionen“, in dem ich mich gegen diesen religiösen Fanatismus wende. Andererseits bin ich aber katholisch erzogen, ich habe einen religiösen Hintergrund. Den nimmt man auch sein Leben lang mit. Du bist ausgetreten, richtig? Ja. Wenn eine Kirche die Menschen verbindet und Frieden stiftet, das ist inOrdnung. Wenn esdiktatorisch wird, wenn in das Leben von Menschen ungut eingegriffen wird, dann bin ich gegen Kirche. Nichtgrundsätzlich.Der jetzigePapstzum Beispiel,finde ich, istein Segen. Er ist sicher nicht ohne Fehler, aber ich finde, was ermacht, hat mit der ursprünglichen Idee des Christentums viel mehr zu tun als das,was vieleseiner Vorläuferdaauf dieBeinegestellt haben. Ein angenehmerQuerulant? Ja. Erstaunlich, dass ernoch lebt und dass sie ihn noch nicht vergiftethaben. Jaro Suffner Wenn manden Menschen alsetwasWertvollesbegreift,leitetsich daraus natürlich auch eine politischeHaltungab. Du lobpreistalsoeher den Menschen als die Religion? Ja. Man sollte sich anden Menschen orientieren und nicht an irgendeinem Gottesbild, das den Menschen einengt. Und, wie zum Beispiel bei der Homosexualität, seine Eigenschaften leugnet. Wenn man den Menschen als etwas Wertvolles begreift, leitet sich daraus natürlich auch einepolitische Haltung ab. Zum Beispiel, dass man nicht sagt, die Leute, dienichtshaben,sollenbleiben wo der Pfefferwächst.Sondern,dassman ein Verständnis dafür hat, dassMenschen, denenesinihren Länderndreckig geht,den Drang haben, zuflüchten und woanders ein angenehmeres Leben zufinden. Dazu gehört, mit den Menschen vernünftig umzugehen und Lösungen zufinden, die nichtauf Abschottung abzielen. Es ist keinem geholfen, wenn alles unorganisiert passiert. Das sind Sachen, die die Politik versäumt hat. 2015 kamen ein bisschen viele Leute auf einmal rein und das gab Probleme. Eswar aber abzusehen, dass mal Leute kommen würden. Dahat man dann die heftigen Reaktionen abgekriegt. Hauptsächlich, denke ich aber, von Leuten, die schonausländerfeindlich eingestellt waren. Sonst kann man sich die Heftigkeit und Ablehnung ja nicht erklären, wenn Leute kommen, die zumgroßen Teil Bedürftigesind. Da gibstdumit dem Song „Jemandblutet“ ja auch ein klares Statement auf der CD ab,sogarein bisschen brutal… Ja, das istdanndie Brutalität, die dieseLeute haben. Dasspiegle ich nur. Ich finde, das ist in dem Moment auch angebracht, weil man diese Leute sowieso nicht mehr durch Reden und Argumente erreicht, sonderndamuss ganz klar dann Kante gezeigt werden und der Staat muss dann auch mit Gewalt antworten auf solche Vorgänge. Neben derCDhastduein Buch mitdem Titel„Die weitreichenden Folgen desFleischkonsums“ veröffentlicht. Hast du es mal vegetarisch versucht? Ne.Ich habzuden Kinderngesagt, wenn ihrmir einen Koch bezahlt, der vegankocht, werdeich auch Veganer.Inmeinem Alterkannich mich echt nicht mehr umstellen. Aber ich kann es gut verstehen, wenn man sieht, wie die Tiere massakriert werden. Mit der Ferkelkastration, diese Schweinerei, die immer noch nicht aufhört und dann stellt sich die Landwirtschaftsministerin wieder hin und stellt ihre tolle Errungenschaft dar. Dabei läuft eseinfach immer weiter. Ich kann gut verstehen, wenn Leute danicht mitmachen. Aber so konsequentbin ich leider nicht. Deine Textewerden oftmalsals einfachbeschrieben.Wie würdest du das sehen? Das ist mein Anspruch. So einfach und so klar wie möglich. Aber auch so genau wie nötig. Ich möchte nicht, dass das auf Kosten der Wirklichkeitsnähe oder Wahrheitstreue geht. Ich möchte mich so einfach wie möglich ausdrücken, umsoviele Leute wie möglich zu erreichen. Dass das in meinem Fall nichtdie Massensind, istmir klar. Dazu ist mein Gehirn vielleicht ein bisschen zu verschwurbelt, aber ich finde, in der politischen Haltung istdas schonalles klar. Du hältst deine TexteinPoesiealben mitHerzchenund Schlössernfest. Wieso? Früher bei Woolworth kriegte man die für vier, fünf Mark. Die fand ich immer ganz lustig. Ich hab auch einen Faible für Trash. So fing das an.Dahabeich diemitgenommen und reingeschrieben und mittlerweile habe ich 200 bis 300 davon. Wahrscheinlich habe ich eine der umfangreichsten Poesiealben-Sammlungen von Deutschland. Im Grunde wollte ich das auch vor ein paar Jahren einstellen, aber seitdem kriegeich immerzuWeihnachten und zu Geburtstagen Poesiealben geschenkt.Ich kann garnichtaufhören. ❚ FUNNYVAN DANNEN Gloria, Apostelnstr.1,Köln; Termin:8.3.; Preis: 28,20 €// BahnhofLangendreer,Wallbaumweg108,Bochum; Termin: 14.3.; Preis: ab 28,75 € 03.2019| HEINZ |57

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