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03-2018 DORTMUND HEINZ MAGAZIN

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Heinz Magazin März 2018, Ausgabe für Dortmund

KINO | TIPP DES MONATS

KINO | TIPP DES MONATS Höchster Einsatz Call oder Fold? Der biografische Film „Molly‘s Game“ lädt Zuschauer an den Pokertisch von Molly Bloom, die in den frühen 2000ern Untergrund-Pokerspiele für Hollywoodstars und Superreiche ausrichtete. Zwar geht es weniger um Spieler wie Tobey Maguire, Leonardo DiCaprio oder Ben Affleck, dafür aber wird eine brillant gespielte, temporeich inszenierte und faszinierende Charakterstudie einer Frau geboten, die sich mit allen Mitteln in einer Welt der mächtigen Männer behaupten will. D ie unglaublichsten Storys sind immer die, die letztlich wirklich passiert sind. So auch die wahre Geschichte von Molly Bloom, die nach einem Unfall ihre steile Karriere als Skifahrerin beenden muss und ihre neue Profession in der Welt des Untergrund-Pokerns findet. Mitten in Hollywood organisiert sie dekadente Spielabende mit Rockstars, Schauspielern, Sportassen, hochrangigen Geschäftsleuten und anderen stinkreichen Pokerfanatikern, die ihr Geld gar nicht schnell genug in Chipform auf Mollys Tisch werfen können. Dabei Michael Gibson, SquareOne Entertainment nimmt auch die russische Mafia an ihren Partien teil und alsbald bekommt sie es mit dem FBI zu tun. Der Film „Molly’s Game“ beruht dabei auf den Memoiren der echten Molly Bloom und erzählt retrospektiv von ihrem Aufstieg in die elitären Ränge der Gesellschaft und behandelt im Hier und Jetzt ihren Weg zur Gerichtsverhandlung. „Molly‘s Game“ bietet Zuschauern ein üppiges Buffet an Themen und Motiven. Einerseits bietet der Film faszinierende Einblicke in die absurde Welt der Reichen und Mächtigen, in eine Scheinwelt der Kapitalismusgewinner, in der Geld längst keine Währung, sondern nur noch ein Einsatz ist. Mit so lächerlich hohen Zahlen, das jegliche Bodenhaftung flöten geht. Andererseits ist „Molly‘s Game“ ein tiefer und rabiater Tauchgang in die Persönlichkeit der in der Regenbogenpresse als „Poker Princess“ bezeichneten Molly Bloom. Geboten 52| HEINZ |03.2018

Foto: Michael Gibson, SquareOne Entertainment Motion Picture Artwork © 2017 STX Financing, LLC. Bekannter Debütant Von Stücken fürs Off-Theater über prämierte Drehbücher zur ersten Regiearbeit – Filmemacher Aaron Sorkin ist kein Neuling in Hollywood und doch ist „Molly‘s Game“ sein Regiedebüt. Vorher verdiente er sich als Drehbuchschreiber für etwa „Eine Frage der Ehre“ oder „The Social Network“, für den er 2011 mit einem Oscar geehrt wurde. Auch das Drehbuch für „Molly‘s Game“ schrieb der US-Amerikaner und entschied sich, die Regiearbeit zu wagen, weil ihm für die Geschichte visuelle wie narrative Elemente vorschwebten, die er auf dem Blatt nicht vermitteln konnte. In einem Interview erklärte er: „Ich tat mich sehr schwer, das zu beschreiben, was in meinem Kopf vorging. Ich konnte nicht beschreiben, wie er werden würde, obwohl ich ihn ganz klar vor meinem geistigen Auge sah.“ Das finale Produkt beweist: Die Vision ist aus seinem Kopf auf die Leinwand gewandert. Ein spannendes Debüt, das auf mehr hoffen lässt. Michael Gibson, SquareOne Entertainment wird eine faszinierend gelungene Charakterstudie einer unnachgiebigen, erfolgsbesessenen, krankhaft ehrgeizigen Frau, die sich um jeden Preis in einer Welt der mächtigen Männer behaupten will. Dass man in keiner einzigen Sekunde der 140 Minuten Laufzeit die Augen von der Leinwand nehmen will, verdankt „Molly‘s Game“ einer Jessica Chastain in der Hauptrolle, die hier erneut unter Beweis stellt, dass man sie mit Awardgold behängen sollte. Gleichsam lobenswert ist aber auch die Arbeit von Regisseur und Drehbuchschreiber Aaron Sorkin, der hier zum ersten Mal den Regiestuhl besetzt und bis dato für seine Michael Gibson, SquareOne Entertainment Schreibarbeiten an etwa „The Social Network“ oder „The West Wing“ bekannt wurde. Sorkins erzählt Molly Blooms Geschichte stets spritzig und unterhaltsam, mit rapidem Tempo und bissigen Dialogen, vergisst dabei aber nie ein gewisses Feingefühl für die sanfteren Töne. Sicherlich bleiben trotz der langen Laufzeit einige Aspekte dieser komplexen Geschichte im Dunkeln und das auch, weil Molly Bloom als Erzählerin nicht jedes einzelne Detail preisgibt – aber was wäre ein Spiel mit hohen Einsätzen ganz ohne Pokerface? Lukas Vering ❚ MOLLY‘S GAME USA 2017 R: Aaron Sorkin D: Jessica Chastain, Idris Elba, Kevin Costner, Michael Cera, Jeremy Strong, Graham Greene; Start: 8.3. 03.2018| HEINZ |53

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